Adolf Hitler
Wie Deutschland 1933 zur Diktatur wurde
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Eineinhalb Jahre später war Deutschland eine Diktatur und jede Form von Widerstand war zerschlagen. Wie konnte das so schnell geschehen?
Von Andrea Böhnke
Hitler kämpft für die alleinige Macht
Nach seiner Ernennung 1933 hatte der neue Reichskanzler Adolf Hitler zunächst nur ein Ziel: Er wollte seine politischen Gegner ausschalten – allen voran die Sozialdemokraten und Kommunisten. Sie stellten zu diesem Zeitpunkt die zweit- und drittstärkste Kraft im Reichstag dar.
Damit hatten sie entscheidenden politischen Einfluss, zum Beispiel auf neue Gesetze. Theoretisch hatten sie die Macht, gemeinsam Hitlers politische Pläne zu blockieren.
Hitler war sich dieser Tatsache bewusst. Nur zwei Tage nach seiner Amtsübernahme forderte er daher die Auflösung des Reichstags. Sein Ziel: Neuwahlen. Dadurch erhoffte er sich eine absolute Mehrheit seiner Partei, der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP).
Reichspräsident Hindenburg kam der Forderung Hitlers nach. Am 1. Februar 1933 löste er den Reichstag offiziell auf. Für Hitler und seine Parteigenossen war dies der Startschuss für einen rücksichtslosen Wahlkampf gegen die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).
Der Reichstagsbrand und die Aufhebung der Grundrechte
In diesem Wahlkampf hatte Hitler einen entscheidenden Vorteil: Mit Wilhelm Frick als Reichsinnenminister und Hermann Göring als preußischem Innenminister hatte seine Partei die Macht über die Polizei. Die Nationalsozialisten nutzten diesen Umstand geschickt. Am 17. Februar 1933 erwirkten sie den sogenannten Schieß-Erlass. Dadurch durfte die Polizei fortan mit Schusswaffen gegen NS-Gegner vorgehen.
Zu ihrer Unterstützung stellte Göring etwa 50.000 Hilfspolizisten ab. Sie waren in der neu gegründeten Sturmabteilung (SA), Schutzstaffel (SS) und dem Stahlhelm organisiert. Gemeinsam verhafteten sie bis zum Ende des Wahlkampfs mehr als 25.000 Mitglieder der SPD und KPD.
Am 27. Februar 1933 bot sich den Nationalsozialisten die Gelegenheit für einen weiteren Schachzug im Kampf gegen die Oppositionellen. Das Reichstagsgebäude war von einem Brandanschlag getroffen worden. Das Volk war verunsichert. Dies nutzten Hitler und seine Anhänger, um die Angst der Menschen vor einem kommunistischen Aufstand zu schüren. Sie schoben die Schuld für den Brand den Kommunisten zu.
Im Februar 1933 brannte der Reichstag
Unter diesem Vorwand erließen sie die sogenannte Reichstagsbrandverordnung. Die Verordnung trat einen Tag nach dem Anschlag in Kraft. Sie hob die Grundrechte der Weimarer Verfassung auf: Die Menschen durften nicht mehr frei ihre Meinung äußern oder sich versammeln. Widerstand gegen das NS-Regime war nun gesetzlich verboten. Bis zur Reichstagswahl am 5. März 1933 waren zahlreiche Mitglieder der SPD und KPD verhaftet oder geflüchtet.
Hitler hatte sein Ziel erreicht: Die Menschen hatten keine Wahl mehr. Trotzdem erzielte die NSDAP nur 43,9 Prozent der Stimmen. Um eine absolute Mehrheit zu erreichen, musste sie eine Koalition mit der "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" eingehen.
Gesetze festigten Hitlers Stellung
Etwa zwei Wochen nach der Wahl eröffnete Hitler mit dem "Tag von Potsdam" den neu gewählten Reichstag. Es war eine perfekt inszenierte Propagandaveranstaltung. Während der Feierlichkeiten verneigte sich Hitler vor dem amtierenden Reichspräsidenten Hindenburg.
Es handelte sich um einen symbolischen Akt. Mit diesem wollte Hitler demonstrieren, dass das alte konservative Kaiserreich und das neue nationalsozialistische Deutschland zusammengehörten. Die Aktion war ein voller Erfolg. Das Volk feierte seinen neuen Reichskanzler Hitler.
Eine Sitzung im Reichstag
Auf dem Höhepunkt seiner Beliebtheit erließ Hitler – mit Zustimmung des Reichstags – das sogenannte Ermächtigungsgesetz. Dadurch bekam er selbst die Macht, Gesetze ohne Zustimmung des Reichstags zu beschließen. Er besaß nun die alleinige Entscheidungsgewalt. Der Reichstag hatte sich sozusagen durch demokratische Abstimmungen selbst abgeschafft.
Hitler nutzte seine neu gewonnene Macht, um das Land nach seinen Vorstellungen umzustrukturieren. Alles, was anders war, empfand er als störend. Sein Ziel war eine einheitliche Gesellschaft – ohne Vielfalt, ohne Andersdenkende.
Vor allem politische Gegner und Juden waren Hitler ein Dorn im Auge. Am 7. April 1933 beschloss er daher ein Gesetz, das die Beschäftigung von oppositionellen und jüdischen Beamten untersagte. Das Berufsbeamtengesetz war das erste einer Reihe solcher Gesetze.
Nach wenigen Monaten war nahezu jeder Lebensbereich auf den Nationalsozialismus ausgerichtet. Jede Art von Widerstand gegen das Regime war zerschlagen: Es gab keine Gewerkschaften mehr. Das Mehrparteiensystem war abgeschafft. Regimegegner und Juden hatten das Land verlassen oder waren in Konzentrationslager verschleppt worden.
Am 2. August 1934 starb der noch amtierende Reichspräsident Paul von Hindenburg. Damit war das letzte Hindernis auf dem Weg zur Diktatur beseitigt. Hitler löste das Reichspräsidentenamt auf und ernannte sich selbst zum "Führer und Reichskanzler".
Hitlers eigentliches Ziel: Krieg
In seiner neuen Position als alleiniges Staatsoberhaupt konnte Hitler sein eigentliches politisches Ziel verfolgen: Er wollte neuen "Lebensraum im Osten" gewinnen. Er wollte einen Zweiten Weltkrieg. Nach außen demonstrierte Hitler das Gegenteil: Er schloss Friedensverträge und traf Waffenstillstandsvereinbarungen mit der Sowjetunion, dem Vatikan und Polen.
Deutsche Truppen marschieren in Polen ein
Intern standen die Zeichen schon länger auf Krieg: Bereits im Oktober 1933 hatte Hitler den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund veranlasst. Dadurch wollte er internationale Rüstungsbegrenzungen umgehen.
Am 16. März 1935 führte er die allgemeine Wehrpflicht wieder ein. Dies stellte einen Verstoß gegen den Versailler Vertrag dar. Um sein Tun vor den anderen Staaten zu rechtfertigen, berief sich Hitler auf das Selbstbestimmungsrecht Deutschlands. Diese akzeptierten das vorerst.
Am 12. März 1938 erwirkte Hitler den Zusammenschluss von Deutschland und Österreich. Kurz darauf strebte er auch eine Vereinigung mit dem Sudetenland an. Das Sudetenland verlief entlang der Grenze zwischen Deutschland-Österreich und der Tschechoslowakei. Mehr als 3,5 Millionen Menschen lebten dort. Die Nazis forderten diese auf, für ihre Zugehörigkeit zu Deutschland zu kämpfen. Sie nannten dies die "Heimkehr in das Deutsche Reich".
Dadurch provozierten die Nationalsozialisten einen Konflikt zwischen der Tschechoslowakei und dem Sudetenland. Dieser konnte nur durch das sogenannte Münchner Abkommen entschärft werden.
Da die Großmächte Frankreich, Italien und Großbritannien einen Krieg zwischen Deutschland-Österreich und der Tschechoslowakei bevorstehen sahen, erzwangen sie am 30. September 1938 die Abtretung des Sudetenlands an Deutschland.
Anders als erwartet markierte das Abkommen jedoch nicht das Ende, sondern den Beginn des territorialen Eroberungszugs Hitlers. Seine Truppen nahmen immer mehr Gebiete ein. Dazu gehörten unter anderem Böhmen und das Memelgebiet. Auch auf Polen hatte es Hitler abgesehen.
Die anderen Staaten – allen voran Großbritannien und Frankreich – wollten Hitler nicht länger gewähren lassen. Sie sicherten Polen die Unabhängigkeit zu. Von seinen Plänen wich Hitler trotzdem nicht ab. Am 1. September 1939 überfiel das deutsche Heer Polen. Dies war der Beginn des Zweiten Weltkriegs.
(Erstveröffentlichung: 2013. Letzte Aktualisierung: 07.10.2020)
Quelle: WDR