Der Gründer
"Freiheit" riefen die beiden portugiesischen Studenten, als sie in einem Restaurant in Lissabon mit ihren Gläsern anstießen. Ein kurzes Wort, ein einfaches Zuprosten mit bösen Folgen.
Denn das Portugal des Jahres 1961 war das Portugal des Diktators Antonio de Oliveira Salazar. Die Erwähnung des Wortes "Freiheit" war verboten, die beiden Studenten wurden verhaftet und mussten für sieben Jahre ins Gefängnis.
Der britische Anwalt Peter Benenson las von diesem Fall und veröffentlichte ihn im Mai 1961 mit anderen Beispielen staatlicher Willkür gegen Einzelpersonen. Benenson rief seine Leser dazu auf, die jeweiligen Regierungen anzuschreiben und die Freilassung der Gefangenen zu fordern. Der Grundstein für Amnesty International war gelegt.
Die Organisation
"Wir haben mehr als drei Millionen Mitglieder oder Unterstützer in mehr als 150 Ländern und Regionen," sagt Wolfgang Grenz, bis 2013 stellvertretender Generalsekretär der deutschen Sektion von Amnesty International.
Allein in Deutschland gibt es etwa 150.000 Unterstützer, die sich in 650 Gruppen engagieren (Stand: April 2020). Getragen wird die Organisation von Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Regierungsgelder lehnt sie dagegen nach eigenen Angaben ab, um ihre politische Unabhängigkeit zu wahren.
Die Berichte
Rund 500 Seiten dick ist der schwarze "Report zur weltweiten Lage der Menschenrechte", der Jahresbericht von Amnesty International 2019. Land für Land dokumentiert die Organisation jedes Jahr detailliert, wie es um die Menschenrechte bestellt ist.
2015 wurden laut Amnesty in 160 Ländern die Menschenrechte verletzt – das sind mehr als drei Viertel aller Staaten. In mehr als der Hälfte der Länder fanden unfaire Gerichtsverfahren statt, in 113 Ländern herrschte keine oder nur eingeschränkte Meinungsfreiheit. In 122 Ländern wurden Menschen gefoltert und misshandelt.
Die Aktionen
Außer der Recherche, Bestandsaufnahme und Veröffentlichung von Menschenrechtsverletzungen übt Amnesty International gezielt öffentlichen Druck aus, um etwa die Freilassung von Gefangenen zu fordern.
Bei diesen "Eilaktionen" ("Urgent Actions") ruft Amnesty weltweit Menschen auf, in Briefen, Faxen oder E-Mails an die zuständigen Regierungen und Behörden gegen die jeweilige Menschenrechtsverletzung zu protestieren.
Die Erfolge
Viele Eilaktionen sind erfolgreich und die Berichte finden international große Beachtung. Längst ist Amnesty International eine bekannte und angesehene Nicht-Regierungs-Organisation, die bereits 1977 für ihre Arbeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Euphorisch lässt das Wolfgang Grenz dennoch nicht werden:
"Ich arbeitete 33 Jahre für Amnesty und bin da von Anfang an realistisch rangegangen. Wir können nicht auf einen Schlag die Welt verändern. Aber wir verzeichnen immer wieder Etappensiege. Seit unserer Gründung wurden die Menschenrechte von Politikern und Staatsführern immer mehr akzeptiert. Unsere Erfolge sind vor allem die Einzelaktionen. Und wenn wir einzelne Menschenrechtler schützen oder befreien, dann hat das Symbolkraft und gibt anderen Menschenrechtlern Mut."
(Erstveröffentlichung 2011. Letzte Aktualisierung 22.04.2020)
Quelle: WDR