Vornamen früher und heute
01:50 Min.. UT. Verfügbar bis 04.03.2029. Von Anne Steinkamp/David da Cruz/Bilderfest GmbH.
Namen im Wandel der Zeit
Entstehung der Namen
Seit mehr als 5000 Jahren nennen wir einander beim Namen. Doch welche Art von Namen wir für unsere Kinder aussuchen, hat sich im Lauf der Zeit immer wieder geändert.
Von Anke Riedel
Seit mehr als 5000 Jahren gibt es Vornamen
Forschende vermuten, dass die ersten Namen schon zusammen mit der Sprache entstanden. Man kann also davon ausgehen, dass bereits unsere frühen Vorfahren Bezeichnungen im Sinne von Namen füreinander hatten.
Im deutschen Sprachraum sind zuerst germanische Namen belegt. Um 100 nach Christus wurden die ersten Namen aufgezeichnet: "Catumer", "Catvald" und "Segimund".
Meist waren mit den Namen gute Wünsche verknüpft, zum Beispiel im Kampf zu siegen, erfolgreich, mutig oder friedlich zu sein. "Gerhart" setzt sich etwa aus "Speer" und "hart" zusammen. Manchmal wurden auch positiv besetzte Tiernamen eingeflochten, wie bei "Eberhart" oder "Wolfram".
Germanische Vornamen haben oft Bezug zu Tieren und Waffen
Mit der zunehmenden Verbreitung des Christentums kamen zuerst biblische Namen in Mode und später ab dem 12. Jahrhundert Namen von Heiligen wie "Christopherus" oder "Magdalena". Vier Jahrhunderte später dämmte die Reformation die starke Heiligenverehrung ein, es begann eine Rückbesinnung auf klassische und später auch germanische Namen.
Einheitliche Schreibweise
Bis zur Einführung der Standesämter seit 1870 war die Schreibweise der Namen nicht festgelegt und es existierten zum Teil unterschiedliche Versionen. Für Johannes Gutenberg, der als Erfinder des Buchdrucks gilt, finden sich beispielsweise Belege für die Rufnamen "Johan", "Hans", "Henchen" und "Hengin".
Das Namenwesen war lange nicht durchs Gesetz geregelt, sondern fiel in den Zuständigkeitsbereich der Kirche, die Taufen und Sterbefälle in ihren Kirchenbüchern erfasste. Doch mit der Einführung des Standesamts übernahm der Staat die Verwaltung der Namen und die offizielle Schreibweise des Namens einer Person wurde Buchstabe für Buchstabe genau festgelegt.
Allein die Eltern entschieden nun, wie ihr Kind heißen sollte – ohne dass die Kirche darüber wachte. Auch die Tradition, Kindern die Namen von Verwandten oder Taufpaten zu geben, trat in den Hintergrund.
Lange Zeit bekamen viele Kinder den Namen ihrer Taufpaten
Der Individualisierungsprozess war ab den 1960er-Jahren nicht mehr aufzuhalten. Hatten sich Eltern bisher bei der Namenssuche beispielsweise Heiligen, Herrschern oder anderen Traditionen der Nachbenennung inspirieren lassen, so rückten nun zunehmend seltenere, wohlklingende Namen aus vielen verschiedenen Sprachen in den Fokus. Die Vielfalt der Namen stieg enorm an.
Internationaler Einfluss
Ab dem 15. Jahrhundert kamen lateinische Namen wie "Cornelia" oder "Julius" in Mode. Der Kontakt mit anderen Kulturen hinterließ Spuren: Im 17. und 18. Jahrhundert wurden französische Namen wie "Louise" oder "Emil" in Deutschland beliebt, da viele gebildete Menschen die französische Literatur und Kultur schätzten.
Französisch galt als schick und zudem standen während der Herrschaft des französischen Generals Napoleon auch viele Gebiete in Westdeutschland unter französischer Herrschaft. Neben Literatur und Modeströmungen sind aber auch Ereignisse wie die Flucht und Ansiedlung protestantischer Hugenotten in Deutschland für die deutsche Namenlandschaft von Bedeutung.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurden dann mit "Fanny" oder "Edgar" englische Namen populär, die zum Teil mit der englischsprachigen Literatur nach Deutschland kamen. Dieser Trend hatte bereits mit den Werken von William Shakespeare begonnen.
Später gelangten nach Napoleons Russland-Feldzug slawische Namen wie "Olga" oder "Boris" nach Deutschland, gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch skandinavische Namen wie "Ingrid" oder "Erik". Und nach dem Zweiten Weltkrieg kamen mit den britischen und amerikanischen Besatzern weitere englische Namen nach Deutschland, zum Beispiel "Elvis" oder "Nancy". Heute verbreiten sich neue Namen vor allem über die Medien.
(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 01.03.2024)
UNSERE QUELLEN
- Gabriele Rodriguez: "Namen machen Leute. Wie Vornamen unser Leben beeinflussen". Komplett Media, 2. Auflage, München (2017)
- Damaris Nübling, Fabian Fahlbusch, Rita Heuser: "Namen. Einführung in die Onomastik". Narr Francke Attempto, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Tübingen (2015)
- Jochen E. Gebauer, Mark R. Leary, Wiebke Neberich:" Unfortunate First Names: Effects of Name-Based Relational Devaluation and Interpersonal Neglect". Social Psychological and Personality Science, 3(5), 590-596 (2012)
- Astrid Kaiser: "Vornamen: Nomen est omen?", in: Amtlicher Schulanzeiger für den Regierungsbezirk Oberfranken Nr. 12, S. 1‒4 (2009)
- Barbara Lochner: "Kevin kann einfach auch nicht Paul heißen – Methodologische Überlegungen zur Anonymisierung von Namen". Zeitschrift für Qualitative Forschung, Verlag Barbara Budrich (2018)
- Tillmann Nett; Angela Dorrough; Marc Jekel, Andreas Glöckner: "Perceived Biological and Social Characteristics of a Representative Set of German First Names". Social Psychology 2020 51:1, S. 17-34
- Dieter Schwab: "Deutsche Familiennamen aus rechtswissenschaftlicher Sicht". In: Namenkundliche Informationen, Hrsg. Susanne Baudisch; Deutsche Gesellschaft für Namensforschung (GfN), Philologische Fakultät der Universität Leipzig, Leipziger Universitätsverlag, S. 110-134 (2015)
- Udo Rudolph, Robert Böhm, Michaela Lummer: "Ein Vorname sagt mehr als 1000 Worte". Zeitschrift für Sozialpsychologie 38.1 S.17-31 (2007)
- Gesellschaft für Deutsche Sprache e.V.: "Auswertung von Vornamen 2022"
- Deutsche Gesellschaft für Namensforschung: "Was ist Namenforschung?"
- Namensberatungsstelle Universität Leipzig
- LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn: "Namen"
- Deutscher Bundestag: "Das Namensrecht in der Bundesrepublik Deutschland" (2019, PDF)
Quelle: WDR