Wie die Kartoffel nach Europa kam
Spanische und englische Seefahrer – unter ihnen der legendäre Freibeuter und Admiral Sir Francis Drake – hatten die Kartoffel bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von Südamerika nach Europa gebracht.
Die Pflanze war unbekannt und schnell wegen ihrer Blüten beliebt. Doch der Umgang mit ihren oberirdischen, grünen Teilen war schwierig, denn die Ranken enthalten das giftige Alkaloid Solanin der Nachtschattengewächse. Wer das nicht wusste und davon aß, konnte sich schwere Vergiftungen mit Übelkeit und Erbrechen zuziehen, die im schlimmsten Fall mit dem Tod endeten.
Erst etwa 200 Jahre später schaffte die Knolle den Durchbruch. Noch der preußische König Friedrich II. musste um 1770 seine misstrauischen Bauern zwingen, die fremden Kartoffeln anzubauen.
Erst dann fanden die Menschen langsam Geschmack an der goldgelben Frucht und lernten ihre lebenswichtigen Nährstoffe und Vitamine zu schätzen. Die ersten Kartoffeln wurden übrigens Trüffel genannt, weil sie so versteckt unter der Erde wachsen wie die wertvollen Pilze.
Warum die Kartoffelernte harte Arbeit war
Jahrhundertelang war die Kartoffelernte eine harte Arbeit. Wer essen wollte, musste auch arbeiten: und zwar mühselig mit der Hand im Boden wühlen, mit einer Forke vorsichtig die Kartoffelnester ausheben und die Knollen einsammeln.
Ganz gleich, ob die Sonne brannte, ob es regnete oder Herbststürme übers Land zogen. Die Zeit drängte. Wer half, bekam Rückenschmerzen und schwielige Hände. Aber auch volle Kartoffelkeller zum Erntedankfest Ende Oktober und die Gewissheit, ohne Hunger über den Winter zu kommen.
Ende des 19. Jahrhunderts zogen dann Pferdegespanne sogenannte Kartoffelroder. Das war eine große Erleichterung: Eine sich drehende Spindel wurde langsam durch die Erde gezogen, rupfte die Wurzeln aus dem Boden und schleuderte die Kartoffeln zur Seite.
Jetzt brauchten die Helfer, groß und klein, nur noch hinter dem Gespann die Knollen aufzusammeln. Auch die Schulkinder mussten mit anpacken, sogar noch bis in die 1960er Jahre: Am Ende der Kartoffelferien Mitte Oktober gab ihnen der Bauer für ihre Hilfe ein kleines Taschengeld.
Kartoffelanbau und Ernte heute
Heute leisten moderne Erntemaschinen in wenigen Stunden mehr als früher Dutzende von Helfern an einem ganzen Tag. Von Treckern gezogene Vollernter nehmen mit Hilfe ausgeklügelter Technik in einem einzigen Arbeitsgang mehrere Kartoffelreihen auf, sammeln die Knollen ein und werfen die giftigen Ranken und den groben Schmutz zurück auf den Acker.
Die Kartoffeln hingegen kommen auf ein langes Förderband. Erst jetzt greifen Helfer ein, sortieren fein säuberlich Steinchen und andere Gegenstände heraus wie zum Beispiel rostige Eisenteile, Glasscherben oder Munitionshülsen. Denn das schafft selbst die beste Maschine nicht.
Kartoffeln vermehren sich über die Knollen der Elternpflanzen – ein Vorgang, den man auch als vegetative Vermehrung bezeichnet. Die neue Pflanze ist folglich ein Klon der Eltern. Dies ist von wirtschaftlicher Bedeutung, da jede gewünschte Eigenschaft erhalten bleibt.
Aber es gibt auch Kehrseiten. Durch das Klonen sind die Kartoffeln anfällig für Krankheiten. Die häufigsten Krankheiten sind Viren und Kartoffel-Mehltau. Die Erzeugung von Sorten mit verbesserter Qualität, höheren Erträgen und Krankheitsresistenzen ist für Pflanzenzüchter von größter Bedeutung.
(Erstveröffentlichung 2008. Letzte Aktualisierung 18.08.2020)