Das Präsidialsystem der USA
Die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten von Amerika (United States of America = USA) unterscheidet sich wesentlich von der Wahl des Bundeskanzlers in Deutschland. Die USA zeichnen sich durch ein Präsidialsystem aus. An dessen Spitze steht der Präsident.
Er ist Regierungschef und Staatsoberhaupt in einer Person. Gewählt wird er alle vier Jahre indirekt vom Volk über den Umweg der sogenannten Wahlmänner oder Wahlfrauen, die den Wählerwillen weitergeben.
Die Kanzlerwahl in Deutschland
Im Gegensatz zu den USA hat die Bundesrepublik Deutschland ein parlamentarisches System. Der Bundeskanzler ist Chef der Regierung, nicht aber Staatsoberhaupt. Dieses Amt hat der Bundespräsident inne.
Gewählt wird der Bundeskanzler vom Bundestag für die Dauer von vier Jahren. Anders als der US-Präsident, der nur einmal seine Amtszeit verlängern darf, gibt es eine solche Beschränkung für den deutschen Bundeskanzler nicht.
Wie sich der Bundestag, also das Parlament, zusammensetzt, das heißt welche Parteien mit wie vielen Abgeordneten vertreten sind, darauf nehmen die Wähler alle vier Jahre direkten Einfluss. Mit der sogenannten Zweitstimme wählen sie die Landesliste einer Partei. Indirekt wählen sie so gleichzeitig den Bundeskanzler, denn jede Partei schickt einen eigenen Kanzlerkandidaten ins Rennen.
Letztendlich wird Bundeskanzler, wer die meisten Stimmen der Mitglieder des vom Volk gewählten Bundestages erzielt. Meistens sind dazu die Abgeordnetenstimmen von zwei oder drei Parteien notwendig, die sich zu einer Koalition zusammenschließen.
Mehrheitswahlrecht: "The winner takes it all"
In den Vereinigten Staaten spielen ausschließlich zwei Großparteien eine Rolle – Republikaner und Demokraten. Das hängt insbesondere mit dem Mehrheitswahlrecht ("The winner takes it all") zusammen, bei dem die Person mit den meisten Stimmen gewinnt. Alle anderen Stimmen verfallen, was es kleineren Parteien sehr schwer macht, sich gegen die großen Etablierten durchzusetzen.
Dazu kommt, dass US-amerikanische Parteien kaum staatliche Gelder erhalten, sondern ihren Wahlkampf über Spenden finanzieren müssen. Außerdem zahlen die Mitglieder auch keine Beiträge, denn es gibt keine formelle Parteimitgliedschaft. Parteien sind eher lose Verbände ohne festgelegte Programme, die ihre Kandidaten in Wahlkampfzeiten unterstützen. Zwischen den Wahlen sind sie kaum aktiv.
Das deutsche Verhältniswahlrecht: Chance für kleinere Parteien
Ganz anders in Deutschland. Die Aufgabe von Parteien ist hier im Grundgesetz verankert. Das betont ihre Rolle für das politische System. Sie sollen die politischen Interessen des Volkes vertreten.
Dafür gibt ihnen der Staat besondere Rechte und Pflichten. Im Parteiengesetz ist beispielsweise festgelegt, dass Parteien ein Programm ausarbeiten, eine Satzung verfassen und Mitglieder haben müssen. Diese entrichten regelmäßige Mitgliedsbeiträge.
In Wahlkampfzeiten unterstützt zusätzlich der Staat die Parteien mit finanziellen Mitteln. Die Zuwendungen ermöglichen es, sich ganz auf die Vermittlung der politischen Inhalte zu konzentrieren, anstatt mit dem Einwerben von Wahlkampfspendengeldern beschäftigt zu sein. Das begünstigt ein pluralistisches Parteiensystem.
Durch das in Deutschland angewendete Verhältniswahlrecht haben auch kleinere Parteien eine Chance, in den Bundestag gewählt zu werden. So traten bei der Bundestagswahl 2021 insgesamt 47 Parteien an. Sieben davon schafften den Einzug ins Parlament.
USA: Wählen dürfen fast alle, aber….
Alle US-Amerikaner, die mindestens 18 Jahre alt sind, einen Wohnsitz in einem der 50 Bundesstaaten haben und nicht vorbestraft sind, können an der Wahl des Präsidenten teilnehmen. Wahlberechtigt sind aber auch im Ausland lebende US-Bürger ("Expatriates") wie etwa Diplomaten oder Soldaten.
Insgesamt sind es ungefähr 219 Millionen potenzielle Wähler, die bei einer US-Präsidentschaftswahl ihre Stimme abgeben können. Allerdings tun das nur etwa die Hälfte von ihnen. Das liegt unter anderem daran, dass alle Bürger, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen möchten, sich zuvor in Eigeninitiative im Wahlregister eintragen lassen müssen.
In Deutschland dagegen erhalten alle Wahlberechtigte einen Brief mit der Aufforderung zur Wahlteilnahme. Der Registrierungsvorgang in den USA ist dazu noch kompliziert, denn die Regeln und Termine unterscheiden sich in den einzelnen Bundesstaaten.
In mehr als 20 Bundesstaaten gibt es beispielsweise das so genannte "Voter-ID Law". Dieses Gesetz schreibt vor, dass ein Wähler die eigene Identität mit einem Ausweis belegen muss, den ihm die Regierung ausgestellt hat. Es gibt aber in den USA wegen der fehlenden Meldepflicht keine Einwohnermeldeämter und auch keine Personalausweise. Also muss ein Ersatzdokument für die Legitimierung besorgt werden.
Oft ist das der Führerschein, der beispielsweise nach einem Umzug in einen anderen Bundesstaat aber erst wieder neu beantragt werden muss. Vielen ist das zu zeit- und kostenintensiv. Oder sie sind schlicht nicht in der Lage, die notwendigen bürokratischen Hürden zu nehmen.
"Wählen gehen" kann sich nicht jeder leisten
Ein anderer Grund, der dazu beiträgt, dass mehr als 100 Millionen US-Bürger darauf verzichten, ihr Wahlrecht auszuüben, ist der für viele ungünstige Wahltermin. Er fällt seit 1845 immer auf den ersten Dienstag im November. Das ist ein Arbeitstag.
Eine bezahlte Freistellung durch den Arbeitgeber gibt es nicht. Einen Lohnausfall können sich Berufstätige mit ohnehin schon niedrigem Einkommen aber kaum leisten. Die alternative Briefwahl ist vielen zu kompliziert.
In Deutschland müssen sich die wenigsten zwischen Job und Stimmabgabe entscheiden: Die Bundestagswahlen finden immer sonntags statt. Das Ergebnis wird meist noch am gleichen Abend bekanntgegeben.
Dass der Wahltag in den USA ein Dienstag im November ist, hat seinen Ursprung in der Beschäftigungsstruktur des 19. Jahrhunderts. Damals waren die meisten Menschen noch in der Landwirtschaft tätig. Es ging also darum, einen passenden Termin für die Bauern einzurichten, die den größten Teil der Wählerschaft ausmachten.
Im Frühjahr und Sommer waren sie mit Feldarbeit beschäftigt. Der November eignete sich deshalb, weil dann die Ernte eingebracht war und der Winter noch nicht da.
Dass es ein Dienstag wurde, hat mit den oft weiten Wegen bis zu dem am nächsten gelegenen Wahllokal zu tun. Mit Pferdekutschen – oder manchmal auch zu Fuß – waren Hin- und Rückreise nicht an einem Tag zu machen.
Weil die Menschen sonntags den Gottesdienst besuchten, konnte die Wahl an diesem Tag keinesfalls ausgerichtet werden. Damit kamen auch Samstag und Montag nicht mehr infrage. Zumal samstags vielerorts Markt war, der freitags vorbereitet werden musste, was wiederum ebenfalls den Donnerstag wegen der langen Reisezeiten disqualifizierte.
UNSERE QUELLEN
- Cornelsen Verlag: "Bundestagswahl in Deutschland"
- Deutsche Welle: "Wahlkampf in den USA – 'Geld ist Macht'"
- Cicero Magazin: "Wahlrechtsgesetze in den USA. Wer wählen darf und wer nicht"
- ZEIT Online: "Wahlsystem in den USA – Warum sind die US-Wahlen dienstags?"
- Rheinische Post: "Daten und Fakten – So funktioniert die US-Wahl 2020"
- Rechercheplattform GRIN: "Das amerikanische Wahlsystem"
- Tagesschau.de: "Wie funktionieren die US-Vorwahlen?"