Fußballgeschichte

Fußball-Fans in Deutschland

1874 brachte Konrad Koch den Fußball nach Deutschland. Zuerst war Fußball ein reiner Schüler- und Jugendlichensport. Da Erwachsene zu dieser Zeit kaum Freizeit hatten, war auch wenig Zeit für Hobbys wie Fußball.

Von Robert Manz

Fußball als Klassenkampf

Erst nach dem Ersten Weltkrieg begann in Deutschland der Zuschauerboom im Fußball. Hauptgrund war vermutlich die zumindest formale Einführung des Acht-Stunden-Tages. Nun hatten die Menschen auch die Zeit, zum Fußball zu gehen.

Außerdem erfreute sich Fußball vor allem an der Kriegsfront einer großen Beliebtheit. Zwischen den Weltkriegen entwickelte sich ein wahrer Zuschauerboom. Mehr als 50.000 Zuschauer besuchten die Finalspiele um die Deutsche Meisterschaft.

Da aktive Spieler meist Angestellte oder Arbeiter waren, trennten sich auch die Fanlager in diese beiden Gruppen. Fußball war für die Zuschauer eine Art Klassenkampf. Im Jahr 1931 besuchten über 70.000 Menschen das Freundschaftsspiel zwischen dem Arbeiterverein Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf, als Vertreter der angestellten Mittelschicht.

Startschuss für die Fankultur

Nach dem Zweiten Weltkrieg passte sich das Bild der Zuschauer mehr dem englischen Fußball an. Die Arbeiterschicht dominierte auf dem Rasen und damit auch auf den Rängen. Zwar gab es auf den Rängen vereinzelte Anfeuerungsrufe, von einer Fankultur konnte man jedoch nicht sprechen.

Dies änderte sich erst mit der Gründung der Bundesliga im Jahr 1963 und mit der Fußball-WM 1974. Durch die neuen Stadien fanden junge Anhänger ihren Platz in den Fankurven.

Die Kurven waren für die Fans, die restlichen Plätze für die Zuschauer. Die Fans begannen, nach britischem Vorbild ihre Mannschaften mit Gesang und rhythmischem Klatschen anzufeuern.

Auch optisch identifizierten sie sich nun erstmals mit ihren Vereinen. Neben Schals kamen Fahnen und sogenannte Kutten zum Einsatz. Die Kutten, mit Vereinsaufnähern verzierte Jeanswesten, waren das Erkennungsmerkmal des harten Kerns der Kurve. Dieses Stadionbild blieb lange unverändert. Bis Mitte der 1990er Jahre blieben die "Kutten" die Meinungsführer in den Kurven.

Die Kuttenfans prägten lange Zeit das Bild in deutschen Stadien | Bildquelle: imago

Hooligans

Während für die Kuttenfans das Spiel im Fokus stand und gewalttätige Auseinandersetzungen eher situativ bedingt waren, entwickelte sich in den meisten Kurven zusätzlich eine deutlich kleinere, aber gewaltbereitere Gruppierung: die Hooligans.

Mitte der 1980er-Jahre spalteten sich diese vom Rest der Fangruppe ab und benannten sich auch nach ihren englischen Vorbildern. Die meisten Hooligans sind politisch als rechtsextrem einzustufen und zeigen ihre Einstellung auch gerne in der Öffentlichkeit über ihre Kleidungswahl. Sie kleiden sich meist schwarz und nicht in den Vereinsfarben.

Ihnen geht es nicht mehr um den Verein oder ein Fußballspiel, sondern um Gewalt. Deshalb treffen sich Hooligans inzwischen meist weit entfernt von den Stadien mit hoher Polizeipräsenz und tragen ihre Prügeleien auf freien Flächen und in Wäldern aus.

Fanforscher gingen eigentlich davon aus, dass die Hooligans in den Fankurven keine große Rolle mehr spielen. Neuere Erkenntnisse deuten aber darauf hin, dass Althooligans in den Kurven immer noch vertreten sind und dort auch ein gewisses Gehör finden.

Hooligans zeigen ihre politische Gesinnung durch ihre Kleidung | Bildquelle: imago

Ultras

Ihre Wurzeln hat die Ultrabewegung in Italien. Sie schwappte Mitte der 1990er-Jahre auch nach Deutschland. Es bildeten sich Gruppen von Jugendlichen, die sich viel stärker organisierten als die Kuttenfans.

Beschränkte sich der Kontakt der Kutten noch auf den Stadionbesuch, reicht der soziale Kontakt der Ultras untereinander deutlich weiter. Politisch unterscheiden sich die deutschen Ultras untereinander enorm. Von unpolitisch, über links- bis zu rechtsorientierten Gruppierungen sind alle politischen Ansichten vertreten.

Anders als bei den rechten Hooligans stehen aber bei allen Ultragruppierungen das Fußballspiel und der eigene Verein im Fokus. Sie haben sich auf die Fahnen geschrieben, ihren Verein unter allen Umständen 90 Minuten lang zu unterstützen.

Deshalb vergeht in den Stadien inzwischen auch kaum noch eine Spielminute, in der keine Gesangseinlage oder Anfeuerungsrufe zu hören sind. Auch bengalische Fackeln gehören für viele Ultras in die Stadien. Nicht um damit zu randalieren oder Umstehende zu gefährden, sondern um ihre Emotionen zum Ausdruck zu bringen und die eigene Mannschaft zum Sieg zu treiben.

Bengalos sind für die Ultras ein Ausdrucksmittel für ihre Emotionen | Bildquelle: imago

(Erstveröffentlichung 2015, letzte Aktualisierung 13.06.2018)