Jedenfalls kein Deutscher – und als es 1887 zum ersten Mal auf deutschen Produkten prangte, war es auch nicht als Ausdruck herausragender Qualität gedacht. Denn zu Anfang der Industrialisierung galten die Erzeugnisse des Spätzünders Deutschland als billig, schlecht und nicht sehr haltbar.
Davon konnte man sich etwa auf den Weltausstellungen überzeugen, die seit 1851 alle paar Jahre stattfanden: Über die deutschen Pavillons rümpfte das internationale Publikum die Nase. Einzig mit traditionsreichen Handwerksprodukten konnte Deutschland punkten: mit Musikinstrumenten etwa, mit Holzspielzeug aus dem Erzgebirge oder Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald.
Kein Wunder, dass sich die Hersteller deutscher Industrieprodukte andere Wege suchten, um beim Kunden anzukommen. Die Schmiedebetriebe aus Solingen waren besonders findig: Auf ihre Messer, Feilen, Sägen und Scheren prägten sie den Schriftzug "Sheffield made" und importierten sie nach Großbritannien. Dort nämlich galten Stahlwaren aus Sheffield als die besten der Welt – und hatten auch einen entsprechend stattlichen Preis.
Da die deutschen Plagiate jedoch weitaus einfacher gefertigt waren (statt Gussstahl verwendete man in Solingen nur Gusseisen), konnten sie das englische Original preislich locker unterbieten: ein klassischer Fall von Produktpiraterie. Die Sheffielder Stahlindustrie war alarmiert und schickte einen Hilferuf an die Regierung in London.
Am 23. August 1887 reagierte das Parlament mit dem "Merchandise Marks Act": Produkte aus Deutschland mussten nun mit dem Schriftzug "Made in Germany" versehen sein, sonst durften sie nicht nach Großbritannien oder in die britischen Kolonien eingeführt werden.
Die deutschen Hersteller bekamen es mit der Angst zu tun – doch nach kurzzeitigen Einbußen dämmerte ihnen, dass aus dem Nach- ein Vorteil werden könnte. Denn auf einmal merkten die Briten, wie viele liebgewonnene Gegenstände ihres Alltags aus Deutschland kamen.
Kleidung, Kinderspielzeug, Porzellan, Werkzeuge, sogar Bleistifte – alles "Made in Germany". Und da sich seit der deutschen Reichsgründung die Qualität der deutschen Waren stetig verbessert hatte, war das Siegel auch bald kein Stigma mehr, sondern eine Auszeichnung.
Allerdings: Bis heute ist "Made in Germany" kein geschütztes Qualitätssiegel, das nur nach aufwendigen behördlichen Prüfverfahren vergeben wird wie etwa der "Blaue Engel" für besonders umweltfreundliche Produkte. In der Vergangenheit hat das immer wieder zu Streit geführt.
So entschied etwa das Oberlandesgericht Stuttgart 1995 mit Verweis auf das Wettbewerbsrecht, dass Produkte "Made in Germany" auch tatsächlich in Deutschland gefertigt sein müssen – zumindest größtenteils.
Denn im Zuge der Globalisierung haben viele deutsche Traditionsmarken ihre Produktion längst in Billiglohnländer ausgelagert, wollen aber vom Klang des Qualitätslabels weiter profitieren.
Trotzdem sind die magischen drei Worte offenbar nicht totzukriegen: Kaum ein europäisches Land leidet heute so sehr unter Produktpiraterie wie Deutschland, kaum ein Schriftzug wird dabei so häufig kopiert wie "Made in Germany".
Vielleicht ein Stück ausgleichende Gerechtigkeit – schließlich hat sich einst auch Deutschland mit Tricksen, Täuschen und Kopieren auf dem Weltmarkt hochgearbeitet.
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 03.07.2019)