Menschen sitzen auf Stühlen auf einem öffentlichen Platz.

Stühle

Weniger sitzen, mehr bewegen

Sitzen ist bequem – aber auf Dauer ungesund für den menschlichen Körper. Schon kleine Veränderungen können helfen, die Sitzzeiten zu reduzieren und mehr Bewegung in den Alltag zu bringen.

Von Andrea Wojtkowiak

Fast acht Stunden pro Tag

Wir sitzen im Auto, in der Bahn, bei der Arbeit und abends im Restaurant oder zu Hause auf dem Sofa – im Schnitt 7,5 Stunden jeden Tag. Das geht aus dem Report 2018 der Deutschen Krankenversicherung (DKV) hervor, für den fast 2900 Menschen befragt wurden.

Zwei Stunden täglich verbrachten die Deutschen sitzend vor dem Fernseher, je eineinhalb Stunden saßen sie bei der Arbeit und in der Freizeit, zusätzlich noch eine Stunde vor dem Computer und rund 30 Minuten im Auto oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.

"Am Wochenende, wenn die Menschen mehr Freizeit haben, sitzen die Deutschen noch länger. Nämlich acht bis neun Stunden", berichtet Prof. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln, der mit seinem Team die Ergebnisse der Umfrage auswertete.

Sitzen hat Vorteile

Grundsätzlich sei Sitzen nichts Schlechtes, sagt Sportwissenschaftler Froböse. Wer sich konzentrieren muss, könne dies einfacher im Sitzen. Das Sitzen helfe allerdings nur kurzfristig, weil es ermüdet. Um wieder wacher zu werden und kreativer denken zu können, empfiehlt Froböse Bewegung nach dem Sitzen.

Ein weiterer Vorteil des Sitzens: Es ist bequem. In dieser Haltung kann der Körper sich ausruhen und regenerieren. Problematisch wird es erst, wenn jemand zu viel sitzt. Dann kann der Bewegungsmangel die Gesundheit negativ beeinflussen.

Dauersitzen erhöht den Blutzuckerspiegel

Macht pausenloses Sitzen sogar gesunde Körper mit der Zeit krank? Dieser Frage sind Prof. Froböse und sein Team an der Deutschen Sporthochschule Köln in einer Studie nachgegangen. Dazu haben die Wissenschaftler bei Testpersonen den Blutzuckerspiegel gemessen. "Dieser gibt Aufschluss darüber, wie gut der Körper Energie verwertet", erklärt Froböse.

Es zeigte sich, dass der Blutzuckerspiegel bei Menschen, die lange ohne Pause saßen, deutlich anstieg. Dies erhöht das Risiko für Stoffwechselstörungen wie Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Übergewicht.

Hinzu kommt, dass langes Sitzen dazu führt, dass das Blut nicht genügend zirkuliert, die Zellen dadurch weniger mit Nährstoffen versorgt und kaputte Zellen schlechter entsorgt werden. Das kann weitere Krankheiten begünstigen und auch das Immunsystem schwächen.

Minimalaktivitäten senken den Blutzuckerspiegel

Die Forscher der deutschen Sporthochschule Köln testeten in ihrer Studie auch, ob kurze Bewegungseinheiten wie Treppensteigen oder ein paar Kniebeugen, die über den Tag verteilt werden, den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen. Und tatsächlich: Durchs Treppengehen und die Übungen zwischendurch waren die Werte bis zu einem Drittel niedriger als beim pausenlosen Dauersitzen.

"Jede Bewegung hilft, um den Blutzuckerspiegel zu reduzieren", erklärt Froböse. Das gelte auch für den Verdauungsspaziergang nach dem Essen.

Kurze Unterbrechungen des Sitzens nennt Froböse "Minimalaktivitäten". Diese helfen, Muskulatur und Ausdauer zu trainieren und das Herz-Kreislaufsystem zu aktivieren. Froböse rät: Das Sitzen am besten jede Stunde durch eine kleine Bewegungseinheit unterbrechen, spätestens aber alle zwei Stunden.

Jeden Tag etwas Sport

Noch besser, um lange Sitzzeiten auszugleichen: jeden Tag etwas Sport treiben. Es sei deutlich effizienter, jeden Tag "Bewegungspunkte" zu sammeln, als nur einmal oder zweimal pro Woche Sport zu machen, urteilt Prof. Froböse. Mit kleinen Tricks schaffe das jeder. Seine Tipps:

  • Das Auto nicht direkt vor dem Büro parken, sondern ein paar Meter mehr laufen.
  • Weniger Mails an die Kollegen schreiben, sondern persönlich ins Nachbarbüro gehen.
  • Beim Telefonieren aufstehen.
  • Die Treppe statt des Lifts benutzen.

Wer sich mehr bewegen will, sollte sich am Anfang kleine Ziele stecken, die er nach wenigen Wochen erreichen kann. "Das hilft, motiviert zu bleiben", sagt Ingo Froböse. Um Fortschritte zu messen, könnten Schrittzähler und Apps eine Hilfe sein – gerade am Anfang.

Damit etwas zu einer festen Gewohnheit wird, müsse es etwa 60 bis 70 Mal gemacht werden, erläutert der Sportwissenschaftler. Am besten sei es, einfach anzufangen. Vielleicht mit einem kleinen Spaziergang oder Treppensteigen.

Quelle: SWR | Stand: 05.12.2019, 15:00 Uhr

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