"Tim und Struppi"
Tim und Struppi heißen im belgischen Original Tintin und Milou. Ihr Erfinder Hergé wurde in Brüssel als Georges Remi geboren. 1929 zeichnete er den ersten Comic mit dem blonden Reporter Tim und seinem pfiffigen Hund Struppi – ein Jahr, bevor Micky Maus entstand.
"Tim und Struppi" löste einen Comicboom aus. Dabei ist Tim als Journalist ein ziemlich hoffnungsloser Fall. In seinen 23 Abenteuern sieht man ihn nie einen Artikel zu Ende bringen. Tim ist vor allem ein Reisender. Mit seinem Pfadfinderspürsinn schaffte er es sogar auf den Mond – lange vor den Amerikanern.
In Europa war Tim einer der großen Helden der Nachkriegszeit. In den USA gelang ihm dagegen nie der Durchbruch. Die Amerikaner feierten stattdessen den Fotojournalisten Spider-Man. Mit Kniebundhosen und Foxterrier gegen hautenges Kostüm und Wunderkräfte?
2009 wurde Tim 80 und versuchte es noch mal in Amerika – Steven Spielberg verfilmte seine Abenteuer. In Brüssel feiern sie ihren Starreporter sowieso, mit unzähligen Bildnissen überall in der Stadt. Allein in der Metrostation Stokkel bevölkern 144 Figuren von Hergé die Wände.
Tim und Struppi: Der Zeichner Hergé entwickelte den Zeichenstil "Ligne claire"
Die Belgische Schule
Hergé zeichnete ungeheuer detailreich, aber ohne Schatten, und seine "klare Linie" ("ligne claire") inspirierte viele andere Comic-Künstler. Wichtig für den Erfolg waren zwei einflussreiche Magazine: Hergés "Tintin" und "Spirou" von Jean Dupuis. In ihnen erschienen neben den Titelhelden nämlich auch die Abenteuer anderer Comicfiguren.
So entstand in Brüssel eine große Comicszene mit vielen berühmten Zeichnern. Neben Hergé prägte vor allem André Franquin den Stil des belgischen Comics. Franquin zeichnete lange Jahre den Hotelpagen Spirou, schuf das Fabelwesen Marsupilami und einen famosen Antihelden: den kreativen, aber tollpatschigen Chaoten Gaston.
Und auch die Schlümpfe ("Les Stroumpfs") sind Brüsseler. Ab 1958 schuf ihr Zeichner Peyo immer neue Abenteuer von blauen Männchen und einem blauen Frauchen.
Den größten weltweiten Erfolg feierte Maurice de Bévère, Künstlername Morris, mit seinem einsamen Cowboy Lucky Luke. 1946 zeichnete er ihn in Brüssel zum ersten Mal. Weil er ihm nach 1983 das Rauchen abgewöhnte, wurde Morris 1988 von der Weltgesundheitsorganisation ausgezeichnet.
Lucky Luke: Achtung, die Daltons entkommen!
Durch die Stadt auf dem "Comic-Parcours"
Brüssel ist stolz auf seine Comicpioniere. Um alle Hauswände abzulaufen, auf denen die Stadt die Werke ihrer berühmten Zeichner als Fassadenmalerei ausstellt, braucht man mindestens zweieinhalb Stunden. Und jedes Jahr kommen neue Werke hinzu.
Am meisten Spaß macht der "Comic-Parcours", wenn man ihn nur als grobe Orientierung nutzt, um die Stadt zu entdecken. Zum Beispiel die Marollen, eines der eigenwilligsten und interessantesten Viertel von Brüssel. Hier zieren auch zahlreiche Kunstwerke die Häuserwände, die ohne Auftrag entstanden sind.
Der Nachwuchs am Werk
Seit 1989 gibt es in Brüssel auch das erste Comicmuseum der Welt, auf mehr als 4000 Quadratmetern in einem wunderschönen Kaufhaus des Jugendstil-Architekten Victor Horta.
Neben kostbaren Originalzeichnungen der frühen Sprechblasenhelden werden im Museum auch junge Künstler ausgestellt. So betreibt Brüssel Nachwuchsförderung, damit es sich auch in Zukunft "Comic-Hauptstadt der Welt" nennen kann.
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 25.03.2019)
Quelle: WDR