Der uralte Traum der Tonaufnahme
Im Jahr 1589 machte sich der italienische Physiker Giovanni Battista della Porta Gedanken über die "Konservierung des gesprochenen Wortes". Seine Lösung: Er wollte die Worte in einem Behälter aufbewahren, konnte aber mit den technischen Möglichkeiten seiner Zeit keinen geeigneten Apparat bauen.
Auch 200 Jahre später gehörte die Tonaufzeichnung noch ins Reich der Mythen und Märchen. 1777 erzählte der Dichter Gottfried August Bürger in seiner "Wunderbaren Reise des Freiherrn von Münchhausen" die Geschichte vom eingefrorenen Posthorn: Als es in einer warmen Stube auftaute, gab es die Töne wieder ab, die der Postillion in eisiger Kälte hineingeblasen hatte.
Der Beginn der akustischen Aufnahme-Ära
Die ersten Erfolge bei der Tonaufzeichnung ließen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auf sich warten. Auf der Weltausstellung 1867 in Paris stellte der französische Dichter und Philosoph Charles Cros der Öffentlichkeit einen automatischen Telegraphen vor.
Dieses Gerät hatte schon die grundlegenden Konstruktionsmerkmale des 1878 von Thomas Alva Edison (1847-1931) entwickelten Phonographen, konnte aber noch keine Töne aufzeichnen.
Am 18. Juli 1877 gelang es Edison zum ersten Mal, die menschliche Stimme einzufangen und wiederzugeben. Er benutzte eine mit einer Nadelspitze versehene Membran, die er über einen mit Paraffin überzogenen Papierstreifen zog. Er sprach dabei laut das Wort "Hello" in die Membran. Als er die Nadel erneut über den Papierstreifen zog, konnte er leise das zuvor Gesprochene vernehmen.
Den Schweizer Feinmechaniker Kruesi bat er, nach seinen Skizzen den ersten Phonographen zu bauen. Als Tonträger diente eine mit Zinnfolie bespannte Stahlwalze. Einige der Geräte funktionieren auch heute noch: Dreht man die Kurbel und spricht gleichzeitig in den Trichter, drückt die Nadel eine Punktschrift in die Walze, die sich dann wieder abspielen lässt.
Thomas Alva Edison (1847-1931) und sein Phonograph
Kostspielige Grammophon-Platten
Der deutsche Auswanderer Emil Berliner entwickelte 1888 in den USA einen anderen Tonträger: die Schallplatte aus Hartgummi. 1897 kamen die ersten Schellackplatten auf den Markt. Diese runde Scheibe bestand aus einem Gemisch aus Schellack, Gesteinsmehl, Ruß und Pflanzenfasern.
Die Schallplattenherstellung blieb für viele Jahre eine kostspielige Technik. 1904 betrug der Preis für eine Grammophon-Platte stolze 2,50 Mark. Das war viel Geld zu einer Zeit, in der das Kilo Rindfleisch 1,42 Mark kostete und das durchschnittliche Monatsgehalt bei 50 Mark lag. Trotzdem markierte die Erfindung der Schellackplatte die Geburtsstunde eines neuen Industriezweigs.
1922 wurde das für die Plattenherstellung seit 1897 angewandte Wachsgussverfahren vom sogenannten Matrizensystem – auch "Vater-Mutter-Sohn-Verfahren" genannt – abgelöst.
Dieses Verfahren hatte den Vorteil, dass die Matrizen beliebig oft zum Vervielfältigen benutzt werden konnten. Deshalb ließen sich die Schallplatten kostengünstiger und schneller produzieren. Die Wachsformen hingegen gingen bei jedem Kopiergang verloren.
Emil Berliner entwickelte 1888 die Schallplatte
Speicherung von Schallwellen auf Tonträger
1924 entwickelte die Bell Telephone Company das elektro-akustische Aufnahmeverfahren, mit dem eine neue Ära für die Tonträgerindustrie begann. Die Schallwellen werden bei diesem Verfahren über ein Mikrofon erfasst und in elektrische Wechselspannung umgesetzt.
Die elektrischen Signale werden dann in Form einer graphischen Abbildung als analoges Muster, also in Amplitudenform, gespeichert und können auf eine Schallplatte umkopiert werden. Dabei bildet jede Kopie das Ausgangssignal ab. Das bedeutet aber auch: Je öfter eine Aufnahme kopiert wird, desto schlechter wird sie.
1926 stand mit der Erfindung der Röhren und elektrischer Wandler der erste Verstärker zur Verfügung. Nun musste man die Schallwellen nicht mehr durch einen Grammophontrichter verstärken, sondern konnte auf das wesentlich effektivere elektrische Aufnahme- und Wiedergabeverfahren umsteigen.
Vinyl – das Ende der Schellackplatten
Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Tonträger war die Erfindung der Vinyl-Schallplatte 1948 durch den ungarisch-amerikanischen Physiker Dr. Peter Carl Goldmark. Im gleichen Jahr stellte die US-Plattenfirma Columbia die erste Kunststoffplatte mit Mikrorille und 33-ein-Drittel Umdrehungen pro Minute vor. Diese 30-Zentimeter-Platte wurde als "long playing record" oder in der deutschen Übersetzung als Langspielplatte (LP) bezeichnet.
1949 folgte die Markteinführung der Single-Platte durch die US-Firma RCA Victor. Sie hatte einen Durchmesser von 17,5 Zentimetern bei 45 Umdrehungen pro Minute. Die Einführung von Vinyl als Tonträgermaterial bedeutete das Ende der Schellackplatten, die weitaus empfindlicher und teurer waren. Als letztes Unternehmen stellte EMI die Produktion im Jahr 1958 ein.
Im gleichen Jahr wurde bei der Deutschen Grammophon die Stereophonie zur obligatorischen Aufnahmetechnik erklärt. Die ersten Experimente mit dieser Technik, die einen räumlichen Schalleindruck erzeugt, hatte es schon im Jahr 1929 beim Deutschen Rundfunk gegeben.
1960 betrug der Anteil der Stereo-LPs bereits 25 Prozent am gesamten Schallplattenumsatz. Ab 1967 stellte die englische EMI alle Neuerscheinungen nur noch in Stereo her.
Da die neuen Stereo-Platten monokompatibel waren und zudem ein räumliches Klangerlebnis vermittelten, gab es keine Probleme bei der Markteinführung. Man konnte ohne Probleme Stereoplatten auf einem Monoplattenspieler hören und umgekehrt.
Vinyl-Schallplatten
Die Quadrophonie – ein Fehlschuss
Zwischen 1971 und 1978 wurden sogenannte quadrophonische Schallplatten produziert. Bei der Quadrophonie handelte es sich um ein vierkanaliges Wiedergabeverfahren, mit dem die räumliche Wahrnehmung im Vergleich zum Stereosystem verbessert werden sollte.
Das technische Problem bestand darin, dass die Rillen einer Schallplatte nur zwei Kanäle fassen konnten. Es mussten zunächst die vier Ausgangssignale auf zwei Kanäle zusammengefasst werden. Beim Abspielen einer quadrophonischen Schallplatte mussten die zwei Kanäle auf der Schallplatte wieder in vier Kanäle umgewandelt werden.
Die Industrie entwickelte hierfür acht verschiedene Systeme, von denen sich nur zwei durchsetzen konnten: das SQ-Matrix-Verfahren von CBS/Sony und das CD-4-Verfahren von JVC. Aber selbst diese beiden Systeme waren nicht miteinander kompatibel. Daher fand das quadrophonische Wiedergabeverfahren nur wenige Käufer und die Produktion wurde Ende der 1970er-Jahre eingestellt.
Erst in den vergangenen Jahren taucht die Quadrophonie als Surround-Sound-System wieder im Bereich von Kino-, Video- und Fernsehübertragungen auf. Die Kanaltrennung erfolgt heute auf digitaler Basis.
(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 14.02.2020)
Quelle: WDR