Gemälde von Jesus von Nazareth.

Religion

Christentum

Vor 2000 Jahren zog ein Wanderprediger namens Jesus von Nazareth aus, um die Lehre von der Liebe zu verkünden. Knapp ein Drittel der Menschheit bekennt sich heute zu Jesus Christus, zumindest auf dem Papier. Damit ist das Christentum die größte der fünf Weltreligionen.

Von Christiane Tovar

Jesu Botschaft: Nächstenliebe

Als Jesus von Nazareth in den ländlichen Gebieten von Galiläa die Botschaft von Gott und seiner bedingungslosen Liebe zu den Menschen verkündete, war nicht absehbar, dass seiner Glaubenslehre später Milliarden von Menschen folgen würden. Denn im römisch besetzten Palästina gab es viele Prediger. Doch Jesus, der Sohn eines jüdischen Handwerkers aus Nazareth, war offenbar der Überzeugendste von ihnen.

Und nicht nur die Person Jesus faszinierte die Menschen, es waren vor allem die Botschaften, mit denen er Menschen in seinen Bann zog. Jesus predigte von Gottes Liebe zu den Menschen und von der Nächstenliebe, die die Menschen sich gegenseitig entgegenbringen sollten.

Diese Botschaften sind der Kern des Christentums. Damit stand der Prediger aus Galiläa für ein neues Menschenbild. Denn vor Gott, so lautete seine Botschaft, sind alle Menschen gleich.

Tempera auf Holz: 'Auferstehung Christi'

Jesus als Prediger

In Zeiten sozialer Ungleichheit und Unterdrückung kam das gut an. Besonders Frauen, die in der von Männern dominierten Gesellschaft eine niedere Rolle hatten, fühlten sich angesprochen.

Viele Juden sahen in dem charismatischen Prediger den Messias, von dem im Alten Testament die Rede war: einen endzeitlichen Heilsbringer, der die Menschheit erlösen soll. Messias, auf Deutsch "der Gesalbte", heißt ins Lateinische übersetzt Christus – und diesen Beinamen gaben seine Anhänger Jesus.

Jesus war Jude

Bevor Jesus als Wanderprediger durch die Lande zog, hatte er nach dem jüdischen Glauben gelebt. Er war regelmäßig in die Synagoge gegangen und kannte die jüdischen Gesetze. Auch seine Anhänger waren zu Beginn fast ausschließlich Juden – heute würde man die Gemeinschaft eine jüdische Sekte nennen.

Vieles deutet darauf hin, dass Jesus die jüdischen Rituale zwar übernahm, aber sie weniger dogmatisch umsetzte, als im Judentum üblich. Das kam besonders bei den weniger strenggläubigen Juden gut an.

Der Kern des christlichen Glaubens stammt also aus dem Judentum. Damit haben Christen und Juden viele Glaubensinhalte gemeinsam. In beiden Religionen glauben die Menschen an den gleichen Gott, mit dem Unterschied, dass er im Christentum dreifaltig ist, also als Vater, Sohn und Heiliger Geist auftritt.

Auch die Tatsache, dass das Alte Testament im Christentum gleichzeitig die Heilige Schrift im Judentum ist, zeigt die enge Verbundenheit – allerdings nehmen die Juden weniger Deutungen vor als die Christen. Und nicht zuletzt glauben Juden und Christen an die Erlösung und an ein besseres Leben nach dem Tod.

Hölzernes Kruzifix.

Die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod eint Juden und Christen

Altes und Neues Testament

Im Christentum spielt die Bibel eine zentrale Rolle. Sie besteht aus dem Alten und dem Neuen Testament. Das Neue Testament besteht aus der sogenannten Apostelgeschichte und den vier Evangelien (griechisch für "frohe Botschaft"), die das Wirken und die Wundertaten von Jesus beschreiben.

Im Alten Testament sind die altjüdischen Religionstexte zu finden. Außerdem finden sich dort die zehn Gebote, die den Gläubigen eine Orientierung für ein christliches Leben geben sollen. Dazu gehören neben der Liebe und der Nächstenliebe der Verzicht auf Gewalt und auf materielle Güter.

Eine Besonderheit des Christentums ist die sogenannte Dreifaltigkeit (Trinität). Zwar gibt es im Christentum – wie beispielsweise auch im Judentum oder im Islam – nur einen Gott, doch dieser tritt in drei Erscheinungsformen auf: Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Christen wurden lange Zeit verfolgt

Den römischen Besatzern war die neue Religion unheimlich. Denn die Christen feierten zum Beispiel keine Opferfeste unter freiem Himmel, sondern zogen sich zur Andacht und zum Gottesdienst in ihrer Häuser zurück. Schnell waren sie als lichtscheue Sekte verschrien, die sich des Hochverrats schuldig machte, weil sie nicht den römischen Kaiser als Gott anbetete.

Als die Römer sahen, dass Jesus immer mehr Menschen in seinen Bann zog, fürchteten sie um ihre Macht. Für sie war der Prediger ein Störenfried, der die innere Sicherheit gefährdete. So kam es, dass Jesus – wahrscheinlich im Jahre 30 unserer Zeitrechnung – der Prozess gemacht und er schließlich hingerichtet wurde. Er starb einen qualvollen Tod am Kreuz, und so ging es in den darauffolgenden Jahren auch vielen seiner Anhänger.

Figur von Jesus Christus am Kreuz

Jesus Christus starb am Kreuz

Nach Jesus' Tod mussten sich die Christen weiter verstecken. Für ihre Gottesdienste trafen sie sich häufig in Privaträumen – oft stellten wohlhabende Gemeindemitglieder die Räume zur Verfügung.

In den Anfängen des Christentums waren die Gemeinden zunächst noch klein. Im zweiten Jahrhundert wurde in der katholischen Kirche das Amt des Bischofs eingeführt. Er kümmerte sich jeweils um eine Gemeinde. Währenddessen ging die Verfolgung weiter, im Jahr 233 gab es sogar noch einmal einen grausamen Höhepunkt: Die Christen wurden nicht wie vorher nur in lokal begrenzten Gebieten verfolgt, sondern im ganzen römischen Imperium.

Besonders kritisch sahen die Römer die Ablehnung ihrer Götter. Denn von ihnen, so glaubten die Menschen in der Antike, hänge das Wohl des Staates ab. Die Verfolgung der Christen endete erst im Jahr 313 mit einem Toleranzedikt des Kaisers Konstantin. 380 wurde das Christentum Staatsreligion.

Ein Rosenkranz mit Kreuz.

Das Kreuz wurde zum Symbol für das Christentum

Blutiger Kampf um die Macht

Mit der Anerkennung durch den Staat begann ein mitunter auch blutiger Kampf um die Macht und die Deutungshoheit, der sich über viele hundert Jahre hinziehen sollte. Kirche und Staat waren eng miteinander verwoben und die Päpste und Kardinäle lebten nicht selten in Prunk und Protz.

Im 4. Jahrhundert nach Christus entstanden auch viele große Kirchengebäude, in denen die Gottesdienste abgehalten wurden. Mit dem Zerfall des Weströmischen Reiches setzte eine neue Missionierungswelle ein.

1096 begann der erste von sechs Kreuzzügen, in denen viele Menschen ihr Leben ließen. Das Ziel war Jerusalem – für die Christen damals eine der wichtigsten Wallfahrtsstätten. Denn in der Heiligen Stadt, wie sie auch genannt wird, soll Jesus gestorben und auferstanden sein. Obwohl die Christen Jerusalem für einige Jahre erobern konnten, blieb das Land am Ende doch unter islamischer Herrschaft.

Viel Blut floss auch in den Zeiten der Inquisition, die sicherlich zu den dunkelsten Kapiteln des Christentums gehört. In dieser Zeit wurden tausende Andersgläubige und Zweifler gefoltert und hingerichtet.

Gemälde von der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer.

Die Kreuzfahrer bei der Eroberung von Jerusalem

Katholisch, orthodox, protestantisch

Weil Konstantin die Stadt Konstantinopel (das heutige Istanbul) neben Rom zur zweiten Hauptstadt im Römischen Reich gemacht hatte, war das Imperium in zwei Teile zerfallen. In Konstantinopel war ein Patriarch das Oberhaupt der Kirche, in Rom residierte der Papst. Zwischen den beiden Oberhäuptern kam es immer wieder zu Streitigkeiten.

Die Ostkirche mit ihrem Zentrum in Konstantinopel forderte die Gleichstellung mit Rom, der Papst verweigerte diese. Aber es gab auch inhaltliche Auseinandersetzungen. So waren sich die Kirchenoberhäupter uneinig über die Rolle des Heiligen Geistes.

Obwohl man sich immer wieder versöhnte, kam es 1054 zum endgültigen Bruch. Auslöser war ein persönlicher Streit zwischen dem Papst und dem Patriarchen. Schon zuvor waren katholische Kreuzritter in Konstantinopel eingefallen. Aus dem "Großen Schisma", wie Theologen die Kirchespaltung nennen, gingen die katholische und die orthodoxe Kirche hervor.

Mit der Reformation kam es 1517 zu einer weiteren Trennung: Die protestantische (evangelische) Kirche spaltete sich von der katholischen Kirche ab. Auch innerhalb des Protestantismus bildeten sich verschiedene Strömungen. Die wichtigsten sind die lutherischen, reformierten und täuferischen, aus denen die christlichen Freikirchen hervorgegangen sind.

Porträt von Martin Luther

Martin Luther war einer der Wegbereiter der Reformation

Ausbreitung in alle Welt

Vom 16. Jahrhundert an führte eine groß angelegte Missionierungswelle dazu, dass sich das Christentum unter anderem in Amerika, China und Afrika ausbreitete.

Heute gibt es unzählige christliche Kirchen und Glaubensgemeinschaften auf der ganzen Welt. Die größte ist die römisch-katholische Kirche, deren Oberhaupt der Papst ist. Außerdem gibt es viele Millionen evangelische, orthodoxe und freikirchliche Christen.

Doch trotz aller Unterschiede: Bei den Hauptfesten sind sich alle Christen einig. Dazu gehört als allererstes der Sonntag. Die wichtigsten jährlichen Feste sind Weihnachten als Geburt von Jesus Christus, Karfreitag als Tag seiner Kreuzigung und Ostern als Fest seiner Auferstehung.

Auch Pfingsten ist ein hoher christlicher Feiertag, an dem nach christlichem Glauben der Heilige Geist aus dem Himmel zu den Menschen herabstieg.

Christen bei der Weihnachtsmesse.

Die Weihnachtsmesse ist ein Höhepunkt im Kirchenjahr

(Erstveröffentlichung 2013. Letzte Aktualisierung 14.09.2020)

Quelle: WDR

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