Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg musste Deutschland Entschädigungen an die Nachbarstaaten zahlen und Gebiete abgeben. Dies wurde im Vertrag von Versailles im Jahr 1919 geregelt.
Belgien erhielt das Gebiet um die Städte Eupen, Malmedy und St. Vith. Einige Zehntausend Deutsche wurden so über Nacht zu Belgiern.
Heute leben in der deutschsprachigen Region Belgiens, in einem Gebiet fast so groß wie Berlin, etwa 74.000 Menschen. Das sind zwar nur etwa 0,7 Prozent der belgischen Bevölkerung, trotzdem hat die deutschsprachige Gemeinschaft eine Autonomie, die ihresgleichen sucht.
Die neun deutschsprachigen Gemeinden dürfen zum Beispiel alle kulturellen Angelegenheiten auf ihrem Gebiet, Denkmal- und Landschaftsschutz sowie die Beschäftigungspolitik selbstständig organisieren. Die Entscheidungen trifft das eigene Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) mit 25 Mitgliedern und vier Ministern. Regierungschef ist der Ministerpräsident, der auch gleichzeitig einen Ministerposten innehat.
2004 wurde die DG als "Europäische Region des Jahres" ausgezeichnet, weil dort so gelebt wird, wie es vorbildhaft für ein vereintes Europa wäre: Die Kinder wachsen zwei- bis dreisprachig auf, wirtschaftlich werden ganz selbstverständlich grenzüberschreitende Projekte realisiert, mal mit Frankreich, mal mit Deutschland oder Luxemburg.
Im Mini-Europa weiß jeder, wie wichtig es ist, Kooperationen einzugehen und Brücken zu bauen. Ein Vorbild auch für das eigene Land, für die zerstrittenen Flamen und Wallonen.
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 06.07.2020)