Sigmund Freud mit Zigarre auf Korbsessel

Gedächtnis

Wunderblock

Von Frank Wittig

Was haben der "Wunderblock" und das menschliche Gedächtnis gemeinsam?

Für Generationen von Kindern war er Spielzeug und Lernwerkzeug zugleich: der Wunderblock. Auch heute noch verblüfft er Kinder und Erwachsene. Auf der Tafel lassen sich Zeichnungen anfertigen oder kleine Texte schreiben, indem ein Schreibgriffel das Deckblatt auf die darunter liegende Wachstafel drückt. Gelöscht wird die Tafel durch einen mechanischen Vorgang, der die Folie wieder von der Wachsschicht abhebt.

Sigmund Freud schrieb 1925 über den Wunderblock: "Er ist in unbegrenzter Weise aufnahmefähig für immer neue Wahrnehmungen und schafft doch dauerhafte – wenn auch nicht unveränderliche – Erinnerungsspuren von ihnen." Im Prinzip nimmt Freud hier die Unterteilung in Kurzzeitgedächtnis (Deckblatt) und Langzeitgedächtnis (Wachsschicht) vor.

Schon in der früher erschienenen "Traumdeutung" formulierte Freud, dass wir das System "Wahrnehmungsbewusstsein" besäßen, das die Wahrnehmungen aufnimmt, aber keine Dauerspur von ihnen bewahrt, sodass es sich gegen jede neue Wahrnehmung wie ein unbeschriebenes Blatt verhalten könne (Deckblatt). Die Dauerspuren der aufgenommenen Erregungen kämen in dahinter gelegenen "Erinnerungssystemen" zustande (Wachsschicht).

Noch heute sind sich die Hirnforscher nicht völlig im Klaren darüber, wie diese zwei Gedächtnisabteilungen funktionieren und wie Inhalte vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übertragen werden.

Die Mehrzahl der Wissenschaftler geht aber davon aus, dass das Kurzzeitgedächtnis auf der akuten, neurochemischen und neuroelektrischen Aktivität eines komplexen Geflechts von Nervenzellen besteht. Das Langzeitgedächtnis dagegen ist auf eine dauerhaft verstärkte Verbindung dieser Nervenzellen untereinander durch feine Zellverästelungen (Dendriten) zurückzuführen.

Quelle: SWR | Stand: 27.01.2020, 13:27 Uhr

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