Sympathie durch "kindliche" Merkmale
Der Bär ist ein aggressives Raubtier. Er hat lange Krallen und die Zähne eines fleischfressenden Jägers. Doch selbst der ausgewachsene Bär ruft beim Menschen eher Sympathie und Vertrauen als Angst und Respekt hervor.
Wie der Mensch ist der Bär ein Sohlen- und kein Zehengänger, wie er ist er Allesfresser. Bärenmütter gehen wie Menschen sehr fürsorglich mit ihrem Nachwuchs um.
Dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz zufolge weist der Bär einige sogenannte "kindliche" Merkmale auf: kurze und dicke Gliedmaßen, eine kurze hohe Stirn, das Fell, tollpatschige Bewegungen und einen großen runden Kopf. Er wirkt wie ein riesiges Tierkind mit menschlichen Zügen, weckt unseren Beschützerinstinkt und ruft dadurch große Sympathie hervor.
Gemischte Gefühle für ein Raubtier
Die Stärke und Kraft des Bären, die seinem vertrauenswürdigen Äußeren gegenübersteht, führt zum Wunsch nach Identifizierung mit ihm. Aber auch zu Angst und feindlichen Gefühlen. Der Bär wurde nicht nur zum Mythos erhoben und verehrt. Er war auch ein gefürchteter Feind und Widersacher des Menschen, der mit Pfeil und Bogen, mit Fallen und Gewehren grausam gejagt wurde.
Die Mischung aus Angst, Hass, Verfolgung und Verehrung des Bären weckt im Menschen gleichzeitig Wünsche und Ängste. Der Braunbär als Urvater des Teddybären ruft Verwünschungen und Verheißungen hervor. Dieses Zusammenspiel von Stärke und liebevoller Ausstrahlung macht den bei uns ausgestorbenen "Meister Petz" zum Liebling der Kinder.
Der Bär als Gott
Der Bär war und ist immer noch in Natur und Religion eine beliebte, aber widersprüchliche Gestalt. Seine Stärke, Wildheit und Schönheit faszinierten die Menschheit schon immer. Er wurde im Laufe der Geschichte angebetet und geachtet, jedoch auch gequält und getötet.
Die Germanen sahen in ihm den König der Tiere. Da er als stärkstes, wildestes und mutigstes aller Tiere galt, verkörperte er den kriegerischen Geist. Ein germanischer Glaube besagt, dass besonders tapfere Krieger nach dem Tode als Bären wieder auferstehen würden. Und wer eine Bärenklaue als Amulett besaß, dem sprach man die magische Kraft des Bären zu. Bärenjäger waren Helden, da sie besonderen Mut bewiesen hatten.
Man findet Bären in alten Mythen und Erzählungen, in Märchen, Sprichwörtern und Gedichten. Sie gaben Anlass zu magischen Ritualen, Opfern oder Bärenbestattungen.
Die Kelten verehrten die Bärengöttin Artio. Die Griechen liebten Artemis, die Herrin der wilden Tiere, die Göttin der Bären und der Gebärenden. Und wenn ein Inuit die geheimnisvollen Kräfte des Bären gewinnen wollte, musste er allein zum Ende des Landes gehen und die Bären anrufen.
Als Sternbild am Himmel
Auch der Nachthimmel bringt den Bär dem Menschen nahe. Der "Große Bär" ist ein raumgreifendes Sternengebilde, in dem der Mensch die Präsenz eines mächtigen Raubtiers erblickt. Ihm gegenüber liegt ein zweites, der "Kleine Bär", dessen Schwanzspitze vom Nordstern gebildet wird. Miteinander umkreisen sie den Nordpol.
Als ein Sternbild, das nie untergeht, beherrscht der "Große Bär" den nächtlichen Himmel. Er zeigt zwar Krallen und Macht, flößt dem Menschen jedoch keine Furcht ein. Dadurch dass er deutlich erkennbar und immer da ist, schenkt er Vertrauen wie ein zuverlässiger Wächter. Seefahrern und Reisenden weist er den Weg und ist Orientierungshilfe.
Bärennamen und Bärenwerbung
Der Bär ist Namensgeber für viele Orte wie Bärental, Bärenwiese oder Bärenbach. Berlin und Bern haben den Bären als Wappentier auserkoren, obwohl die Namen der Städte wahrscheinlich nicht auf einen Bär zurückzuführen sind.
Vornamen wie Bernd, Bernhard und Ursula (lateinisch: ursus = Bär) gehen auf ihn zurück. Menschen haben "Bärenhunger", finden etwas "bärenstark" oder "binden anderen einen Bären auf".
Auch die Werbung macht sich die verschiedenen Eigenschaften des Tieres zunutze. Durch den Werbebär werden Gefühle von Natürlichkeit, Freundlichkeit, Weichheit, Freude oder auch Kraft und Stärke hervorgerufen.
Spätestens durch den Erfolg des Stoffteddys zu Beginn des 20. Jahrhunderts sprang die Werbung auf den Zug der Begeisterung für die Bären auf. "Bärenmarke", "Kuschelweich" oder auch die Gummibärchen sind mit Hilfe des Bären berühmt geworden.
(Erstveröffentlichung: 2002. Letzte Aktualisierung: 03.09.2018)