Wale und andere Tiere in der Pubertät
Planet Wissen. 14.05.2024. 06:02 Min.. UT. Verfügbar bis 13.10.2028. WDR.
Wale und Delfine
Gefährdete Wale
Jahrhundertelang wurden Wale rücksichtslos gejagt, einige Arten bereits im Mittelalter fast vollständig ausgerottet. Noch im 20. Jahrhundert waren einige Wirtschaftszweige abhängig von Produkten aus dem Walfang.
Von Tobias Schlößer
Delfine und Schweinswale als Beifang
Aus Walen wurden Fette und Öl gewonnen, Korsetts, Pinsel oder Bürsten hergestellt, sogar pharmazeutisch verwendbare Substanzen wie Hormone oder Lebertran. Nicht zuletzt bedeuteten Wale für die Menschen in polaren Gebieten eine unerlässliche Fleischquelle. Heute gibt es für alle herkömmlichen Walprodukte ausreichend Alternativen. Trotzdem werden Wale von manchen Staaten weiterhin gejagt.
Auch wenn der kommerzielle Walfang seit 1986 verboten ist, sterben jährlich immer noch mehrere hunderttausend Tiere versehentlich als Beifang – an Angelhaken der Fischerflotten oder in Schleppnetzen.
Besonders stark betroffen sind kleinere Arten, die sich nicht aus eigener Kraft befreien können, vor allem Delfine und Schweinswale. Das Grundproblem stellen ineffektive, auf Massenfang ausgerichtete Fischereitechniken dar. Bei einigen Fangmethoden fallen bis zu 90 Prozent Beifang an.
Mit stärker spezialisierten Techniken könnten die Verluste vermutlich stark reduziert werden. Speziell Meeressäuger könnten – und werden teilweise schon – durch akustische Warnsignale ferngehalten. Eine andere Möglichkeit wären Schlupflöcher, durch die sie aus den Netzen entkommen könnten.
Vor allem kleinere Wale landen als Beifang in Fischernetzen
Lärm behindert die Kommunikation
Auch der Unterwasserlärm beeinträchtigt Wale immer stärker, hauptsächlich ihr Gehör, mit dessen Hilfe sie sich orientieren und verständigen. Der Lärm verkürzt die Reichweite, über die Blauwale miteinander kommunizieren können, mittlerweile schon um 90 Prozent.
Allein das Ausmaß des Schiffslärms verdoppelt sich alle zehn Jahre. Dazu kommen weitere, extrem laute Schallquellen wie militärische Sonargeräte, Sprengungen, Baumaßnahmen oder die Suche nach Bodenschätzen mithilfe von Druckluftkanonen. Deren Lärm kann sich unter Wasser Tausende Kilometer weit ausbreiten.
Experten gehen davon aus, dass die Dauerbeschallung so viel Stress bei Walen erzeugt, dass sich die Sterberate langfristig deutlich erhöhen könnte. In einigen Fällen konnte der Einsatz von Sonargeräten auf Kriegsschiffen schon direkt mit Massenstrandungen in Verbindung gebracht werden.
Deren extrem starke Schallwellen lassen besonders tief tauchende Arten wie Schnabelwale vermutlich zu schnell auftauchen. Bei einigen gestrandeten Exemplaren ließen sich Gewebeschäden im Kopf feststellen, die nur durch den Lärm von Militärübungen zu erklären waren.
Rätselhafte Strandungen
Der Einsatz extrem lauter Technik ist allerdings nicht die einzige Ursache für Massenstrandungen von Walen. Aristoteles berichtete schon vor mehr als 2000 Jahren von an Land gespülten Walen.
Noch heute rätseln Wissenschaftler, wieso Hunderte Wale plötzlich gleichzeitig stranden. An Land haben Wale keine Überlebenschance. Dort erdrückt sie ihr eigenes Gewicht und ohne die Kühlung des Wassers drohen die Tiere zu überhitzen.
Als Ursache für diese Strandungen kommen mittlerweile mehrere Faktoren infrage: Neben dem Einsatz von Sonargeräten könnten auch besonders flach ansteigende Strände verantwortlich sein.
Meistens stranden Walarten, die eigentlich auf dem offenen Meer leben. Sie könnten in flachen Gewässern die Orientierung verlieren und sich an den Strand verirren. Auch Vergiftungserscheinungen in den immer stärker verschmutzten Meeren könnten die Wale verwirren, sodass sie orientierungslos stranden.
Eine weitere Möglichkeit wären Veränderungen der Nahrungsvorkommen infolge der Erderwärmung, die Wale in die falsche Richtung locken.
Einige Forscher ziehen auch Störungen des Erdmagnetfeldes durch die Sonnenaktivität als Erklärung für die rätselhaften Strandungen in Betracht.
Dass häufig große Gruppen von Walen gemeinsam stranden, scheint immerhin geklärt. Die Tiere halten so eng zusammen, dass die gesunden bei ihren toten oder kranken gestrandeten Verwandten verharren, statt sich ins offene Meer zu retten.
Warum Wale stranden, ist noch nicht geklärt
Rücksichtsloser Walfang
Jahrhundertelang wurden Wale rücksichtslos gejagt und die langsamen, an der Oberfläche treibenden Nordkaper bereits im Mittelalter fast ausgerottet.
Bis ins 20. Jahrhundert hinein hatten Wale eine große wirtschaftliche Bedeutung. Sie lieferten Rohstoffe für viele unterschiedliche Produkte. Besonders die großen Arten wurden intensiv verfolgt. Von etwa 220.000 Blauwalen im Jahr 1920 waren 40 Jahre später nur noch ein paar Tausend Exemplare übrig.
Jede vierte Walart ist gefährdet. Seit 1986 ist der kommerzielle Walfang daher durch das sogenannte Moratorium verboten. Einige Länder wie Island, Norwegen oder Japan umgehen das Fangverbot allerdings unter Berufung auf ihre Tradition oder angebliche wissenschaftliche Forschungen.
Moderner Walfang: Industrielle Verarbeitung auf hoher See
Exklusive Walprodukte
Heute gibt es für alle traditionellen Walprodukte gleichwertigen Ersatz. Bevor Menschen Ende des 19. Jahrhunderts anfingen, Erdöl zu fördern, waren Wale eine wichtige Ölquelle.
Der Walspeck, der Blubber, wurde zu flüssigem Tran geschmolzen und dann als Lampenöl oder als Grundlage für Seifen und Margarine verwendet. Die hornartigen, faserigen Barten wurden zu feinen Bürsten und Pinseln, aber auch als "Fischbein" zu leichten Korsettstangen und Körben verarbeitet.
Wale lieferten außerdem wichtige medizinische Wirkstoffe. Der für seinen Geschmack berüchtigte Lebertran ist so vitaminhaltig und kostbar, dass er meistens nur als Zusatz verwendet wurde. Aus den Sekreten von Hormondrüsen der Wale wurden früher auch Rheumamittel hergestellt.
Besonders intensiv wurden ab dem 19. Jahrhundert Pottwale gejagt. Das wachsartige Walrat in ihrem Kopf war ein begehrtes Hochleistungsschmiermittel, das sogar in der frühen Raumfahrt eingesetzt wurde.
Im Darm einiger Pottwale bilden sich auch grauschwarze Knollen (Ambra), das als Duftträger in Parfüms genutzt wurde – und manchmal noch wird. Zum Einsatz kommt typischerweise nur ausgeschiedene, an den Strand gespülte Ambra. Denn erst nach jahrelangem Treiben im Meer bildet sich durch den Kontakt mit Salzwasser der angenehme Duft.
Heute werden meistens synthetische Ersatzstoffe eingesetzt, denn natürliche Ambra ist unheimlich selten und genauso wertvoll wie Gold.
Produkte von Pottwalen waren besonders beliebt
Quelle: SWR | Stand: 25.03.2020, 11:50 Uhr