Zwei Ärzte bestaunen einen OP-Roboter.

Roboter

Roboter im Operationssaal

Chirurgie ist Handarbeit und oft eine Herausforderung. Ein Arzt braucht viel Erfahrung, um all die Aufgaben während einer Operation gut zu meistern. Wäre es da nicht sicherer, wenn Roboter diesen Job erledigen? So futuristisch es auch klingen mag, aber Roboter in Operationssälen sind längst Alltag in der Medizin.

Von Silvio Wenzel

Science-Fiction – oder was?

Es wirkt wie eine Szene aus einem Science-Fiction-Film: Ein Mensch liegt auf dem Operationstisch, die Narkose funktioniert einwandfrei. Nun ist die Zeit für den Chirurgen gekommen. Doch statt eines erfahrenen Arztes beugt sich ein Roboter über den Patienten.

Hightech-Arme surren in der Luft herum. Sie stecken Operationswerkzeuge in den Körper des Schlafenden. Dort schneiden, reparieren und nähen sie. Ein Chirurg mit Erfahrung ist zwar auch im Operationssaal, aber er sitzt einige Meter entfernt.

Roboter in Operationssälen sind längst Wirklichkeit. Und nicht nur das, einige Systeme haben inzwischen sogar schon wieder ausgedient. Dennoch steht die Entwicklung hin zu automatisierten Operationen erst ganz am Anfang. Alle Experten sind sich einig: Die Chirurgie wird in Zukunft immer technischer.

Immer stärker dringt der technologische Fortschritt auch in die Operationssäle vor und wird eines Tages von dort nicht mehr wegzudenken sein. Roboter und Computer werden den Ärzten immer mehr zur Hand gehen und so zu unverzichtbaren Assistenten. Denn Roboter können Dinge leisten, die selbst erfahrene Chirurgen nicht vermögen.

Damit ist das Entscheidende auch schon verraten: Die Maschinen werden zu unverzichtbaren Assistenten und nicht mehr. Heute ist es noch nicht denkbar, dass das medizinische Personal die Patienten nur noch auf die Operation (OP) vorbereitet, die Narkose vornimmt und ein Roboter den Rest erledigt. Viel zu viele Entscheidungen müssen während einer OP getroffen werden.

Zudem lässt sich jahrelange ärztliche Erfahrung nicht einfach in irgendeine Programmiersprache übersetzen, um dann die stählernen Kollegen damit zu füttern.

Drei Roboterarme stecken OP-Instrumente in einen Bauch.

Roboter sind unverzichtbare Assistenten

Das berühmte ruhige Händchen

Die Hilfe, die Roboter Chirurgen leisten können, beginnt bei ganz einfachen Dingen. So kommen sie zum Beispiel während minimal-invasiver Eingriffe zum Einsatz. Das sind Operationen, bei denen nur äußerst kleine Schnitte ausgeführt werden.

Bei diesen Eingriffen muss immer ein zweiter Arzt das Endoskop halten, ein Gerät, mit dessen Hilfe man eine kleine Kamera in den Patienten einführt und so in sein Körperinneres schauen kann. Aber das kann ein Roboter auch und sogar noch besser. Denn schließlich kann der das Endoskop völlig ohne Zittern halten und wird dabei noch nicht einmal müde.

Gerade bei diesen minimal-invasiven Eingriffen kann noch ein weiterer Vorteil der Roboter zu einer großen Hilfe werden. Denn Roboter können die Bewegungen des Arztes problemlos auf eine andere Größenordnung umrechnen. Bewegt zum Beispiel der Chirurg den Joystick an der Steuerungskonsole um einen Zentimeter, so kann der Computer diese Bewegung umrechnen, sodass sich der Roboterarm dann nur genau einen Millimeter bewegt.

Damit ist es möglich, kleinste Schnitte mit höchster Präzision auszuführen. Auf einen Zehntel Millimeter genaue Eingriffe werden so möglich. Schnitte, die sonst selbst mit sehr viel Erfahrung und absoluter Konzentration kaum denkbar wären.

Roboter bei Operation.

OP-Roboter zittern nicht und werden nicht müde

Perfekte Ergänzung durch Computer und Roboter

Die Kollegen aus Stahl können aber auch bei noch sehr viel grundlegenderen Aufgaben helfen. Es klingt ein bisschen komisch, aber nicht immer ist es für einen Chirurgen zu 100 Prozent sicher, wo genau er sich im Körper des Patienten befindet.

Hat das Skalpell den Tumor schon erreicht? Und wie weit ist die Arterie noch entfernt, die er auf keinen Fall verletzen darf? Kann es sein, dass ein benachbarter Knochen das Skalpell beim Schnitt behindert? Bei der Lösung dieser Probleme können Computer und Roboter gleich mehrfach nützlich sein.

Am Anfang der perfekten Vorbereitung steht dann erst einmal die genaue Vermessung der zu operierenden Körperregion. Mithilfe der Computertomografie wird zum Beispiel ein Organ, das von einem Tumor attackiert wird, ganz genau vermessen. Computer können daraus dann ein dreidimensionales Bild errechnen, eine immense Hilfe für den Chirurgen während des Eingriffs.

Aber damit nicht genug: Eine Kamera im OP überwacht anschließend die genaue Position der Operationsinstrumente. Kleine Reflektoren an den Instrumenten geben diese Informationen ständig an einen Computer weiter. So kann der Arzt in jedem Augenblick sehen, wo er den Patienten gerade berührt.

Zusätzlich überwacht ein Roboter die Schnittführung des Chirurgen. Sollte dieser den Schnitt auch nur ein kleines bisschen zu weit links oder rechts ansetzen, dann schaltet der Automat sofort das OP-Gerät aus. Der Mensch braucht satte 0,8 Sekunden, bis er auf etwas reagieren kann, die berühmte Schrecksekunde. Ein Roboter ist da um einiges schneller. So kann er den Arzt vor einem Fehler und den Patienten vor ernsthaften Schäden bewahren.

Operation vor Monitoren.

Roboter reagieren ohne Schrecksekunde

Auch Robotern können Fehler unterlaufen

Neue Technologien werden immer auch von hohen Erwartungen begleitet, natürlich auch die Einführung der ersten OP-Roboter. Doch zu hohe Erwartungen werden zwangsläufig enttäuscht. So gab es auch auf diesem Gebiet bereits einige Ernüchterung. Und nicht nur das, sondern leider auch ernsthafte Verletzungen.

Beispiel Robodoc. In den 1990er Jahren steht dieser Kollege in mehr als hundert deutschen Operationssälen. Er soll das Einsetzen von Hüftgelenksprothesen genauer und einfacher machen – mit eindeutigen Vorteilen für die Patienten: schnellere Heilung, kürzere Erholungszeit.

Doch leider kommt es in vielen Fällen ganz anders. Etliche Male fräst Robodoc zu viel vom natürlichen Knochen ab, manchmal tut er dies sogar an der völlig falschen Stelle. In anderen Fällen werden die umliegenden Muskeln so stark gedehnt, dass die Patienten monatelang mit Problemen zu kämpfen haben. Inzwischen ist Robodoc in den Abstellkammern der Kliniken verschwunden.

Die technische Unterstützung der Chirurgen ist sinnvoll und in Zukunft nicht mehr aus den Operationssälen wegzudenken, darin sind sich alle Experten einig. Doch sie sind sich auch sicher, dass Roboter nie über die Rolle des Assistenten hinaus kommen werden. Sie werden die Arbeit der Ärzte besser und genauer machen, aber der Chirurg bleibt auch Zukunft im Operationssaal unersetzbar.

Quelle: WDR | Stand: 28.01.2020, 09:45 Uhr

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