Wie sähe eine Welt ohne Sand aus?

Planet Wissen 27.09.2023 01:51 Min. Verfügbar bis 14.12.2027 WDR

Werkstoffe

Sand

Kein anderer Rohstoff in Deutschland wird in solchen Mengen benötigt wie Sand. Tagtäglich benutzen wir zahlreiche Produkte, die ohne Sand nicht existieren würden.

Von Frank Endres

Sand ist nicht gleich Sand

Es gibt unzählige Sandsorten. Manche wie der Mischsand sind weit verbreitet, andere kommen eher selten vor. Den sogenannten Karbonatsand findet man beispielsweise nur auf den Bahamas und anderen Karibik-Inseln. Er besteht zu großen Teilen aus Bruchstücken von Muscheln und Schneckengehäusen.

Noch exotischer ist die Herkunft der "White Sands"-Dünen im US-Bundesstaat New Mexico. Sie bestehen aus Gips-Kristallen, die bei der Verdunstung eines ehemaligen Salzsees entstanden sind.

Die wichtigsten Sande sind die sogenannten Quarzsande. Sie enthalten einen besonders hohen Anteil des Minerals Quarz (SiO2). Siliziumdioxid (Quarz) entsteht durch Wasserabspaltung aus Kieselsäure und gehört zu den härtesten Naturmaterialien.

Aufgrund seiner Einzigartigkeit ist dieses Mineral für zahlreiche industrielle Anwendungen unverzichtbar. Quarzmehle haben beispielsweise gute elektrische Eigenschaften, eine hohe mechanische Festigkeit und Säurebeständigkeit. Aufgrund ihrer vielfältigen Verwendung in der Industrie werden Quarzsande deshalb auch Industriesande genannt.

Der Alleskönner

Das in Quarzsanden enthaltene Silizium kann elektrischen Wechselstrom in Gleichstrom verwandeln. Die heutige Mikroelektronik ist ohne diese Eigenschaft kaum vorstellbar.

Auch für die Produktion von Mikrochips ist Silizium notwendig. Im heutigen Informationszeitalter sind Quarzsande deshalb sehr gefragt.

Das Bild zeigt einen Haufen von übereinander liegenden Mikrochips.

Ohne Quarzsand gäbe es keine Mikrochips

Schon in der Vergangenheit waren Quarzsande ein wertvoller Rohstoff. Eines der ältesten Produkte, das mit Hilfe von Quarzsanden produziert wird, ist Glas.

Seit etwa 1500 vor Christus wissen die Menschen, wie sie Glas herstellen können. Zunächst als Glasur verwendet, dann als Hohlglas produziert, später als Flachglas industriell gefertigt, fand Glas Einzug in nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens.

Auch heute noch zählt Glas zu den wichtigsten Werkstoffen. Durch seine Materialeigenschaften wie hohe Festigkeit und Durchsichtigkeit ist es unverzichtbar.

Der sogenannte Glassand ist reiner Quarzsand mit einem Siliziumdioxidgehalt von mehr als 99 Prozent. Damit das Glas weiß und nicht grün wird, dürfen höchstens 0,05 Prozent Eisenverbindungen im Glassand vorhanden sein. Eine Glasscheibe von einem Quadratmeter Fläche und einer Dicke von 5 Millimetern enthält beispielsweise 8,64 Kilogramm Quarzsand.

Doch Quarz kann noch mehr. Als sogenannter Kieselgur ist Quarzsand seit dem Industriezeitalter als Füllstoff in Zahnpasta, Gummi, Anstrich- und Poliermitteln, Papier und Arzneimitteln vorhanden. Besonders gefragt sind seine Eigenschaften als Filtersand.

Nicht nur unser Trinkwasser fließt zur Reinigung durch Quarzsande. Auch die meisten Getränkehersteller setzen auf ihn, um ihre Produkte in stets gleicher Qualität zu liefern.

In der Keramikindustrie wird Quarzsand zur Herstellung von Steingut, Steinzeug, Sanitär-Porzellan, Boden- und Wandfliesen verwendet. In Gießereien dient Quarz unter vielen anderen Anwendungen als Grundstoff zur Herstellung von Formen. Auch in der chemischen Industrie wird Quarz vielfältig eingesetzt.

In einer Industriehalle stehen verteilt mehrere große Glasplatten.

Quarzsand wird in großen Mengen in der Industrie verwendet

Ohne Quarzsand keine Mikrochips

Mikrochips, die sogenannten ICs (Integrated Circuit = integrierter Schaltkreis) sind aus unserer heutigen Technik nicht mehr wegzudenken. In fast jedem Gerät ist heute ein IC zu finden.

Um integrierte Schaltkreise herstellen zu können, benötigt die Industrie reines Silizium. Dafür wird das in den Quarzsanden enthaltene Siliziumdioxid (SiO2) in einem Schmelzofen bei rund 1400 Grad Celsius geschmolzen. Während dieses Vorgangs trennt sich der Sauerstoff vom Silizium.

Die Halbleiterindustrie benötigt für die Produktion von Mikrochips optimale elektrische Eigenschaften. Diese werden nur durch eine einkristalline Struktur gewährleistet, denn nur hier hat das Kristallgitter in alle Richtungen die gleiche Orientierung. Das geschmolzene Material besitzt diese Eigenschaft nicht.

Deshalb züchtet die Halbleiterindustrie mit Hilfe eines Anfangskristalls ein Einkristall. Dieses Einkristall wird in dünne Scheiben (0,18 Millimeter) zu den sogenannten Wafern zerschnitten. Auf die Wafer ätzt man die Schaltkreise, zerschneidet sie ebenfalls und verarbeitet sie weiter zu den ICs.

In einem Handy befinden sich neben den ICs noch zahlreiche andere Komponenten, die ohne Quarzsande nicht hergestellt werden könnten. Die Flüssigkristalltechnik der Displays sowie die Lautsprecher und Mikrofone gehören ebenso dazu wie die IC-Gehäuse.

Quadratische Mikrochips auf einer Platte

Ein 12-Inch-Wafer-Halbleiter

(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 09.03.2020)

Quelle: WDR

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