Das Ringen um Luft
Mediziner unterscheiden zwischen zwei Arten der Schlafapnoe. Die häufigere ist die obstruktive Schlafapnoe (Obstruktion = Verstopfung). Die Schnarchpausen entstehen, weil die Atmung aussetzt.
Im Schlaf erschlafft die Muskulatur im Hals-Nasen-Rachenraum. Bei etwa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung so stark, dass der weiche Gaumen, der sich zwischen Zungenansatz und Gaumenzäpfchen befindet, die Atemwege vollständig blockiert.
Die Folge: Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt rasant. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt. Alarm für das Gehirn. Es weckt den Schläfer auf. Dadurch straffen sich die Muskeln, die Atemwege sind wieder frei. Bis sie erneut kollabieren. Das kann sich bis zu 600 Mal in der Nacht wiederholen.
In Extremfällen dauert die Atempause bis zu zwei Minuten. Doch laut Definition leidet bereits derjenige an einer Schlafapnoe, der pro Stunde fünf Aussetzer von mindestens zehn Sekunden Dauer aufweist.
Neben der obstruktiven Schlafapnoe wird noch die zentrale Schlafapnoe unterschieden. Bei ihr bleiben die Atemwege zwar offen, doch das Gehirn "vergisst" die nötigen Befehle an die Atemmuskulatur zu geben. Eine zentrale Schlafapnoe ist sehr selten.
Aussetzer mit fatalen Folgen
Es ist, als würde man nachts joggen. So beschreiben Mediziner die nächtliche Anstrengung des Körpers durch Atemaussetzer. Fehlender Sauerstoff, verstärkte Herztätigkeit, Bluthochdruck – das hat fatale Folgen: Viele Apnoiker leiden unter Herzrhythmusstörungen, permanentem Bluthochdruck sowie Diabetes und werden Opfer von Herzinfarkten und Schlaganfällen.
Zudem fehlt dem Körper durch die Aufweckreaktionen die benötigte Erholungsphase. Patienten klagen über Tagesmüdigkeit, Gereiztheit, Konzentrationsschwäche, Libidoverlust und Depressionen.
Aufgrund der allgemeinen Erschöpfung fallen Apnoiker tagsüber häufig in den Sekundenschlaf. Mehrere Studien weisen Zusammenhänge zwischen Schlafapnoe und Verkehrsunfällen durch Sekundenschlaf nach.
In den USA müssen sich deshalb Berufskraftfahrer, die Gefahrengüter transportieren, zuvor auf nächtliche Atemaussetzer untersuchen lassen. In Deutschland mehren sich Stimmen von Schlafmedizinern, die eine generelle Untersuchung von Fernfahrern fordern.
Tagsüber häufig müde?
Harmloses Schnarchen oder Schlafapnoe?
Erste Hinweise, ob nachts der Atem pausiert, kann ein ambulantes Screening geben. Dabei bekommt der Patient ein tragbares Messgerät von der Größe eines Walkmans mit nach Hause. Damit werden die Sauerstoffsättigung im Blut, die Herzfrequenz und der Atemfluss in der Nacht gemessen.
Wenn der Arzt nach der Auswertung der Daten den Verdacht auf Apnoen hat, steht eine umfangreiche Untersuchung in einem Schlaflabor an. Denn nur hier bekommt man letzte Sicherheit und eine Therapie kann eingeleitet werden.
Am Abend trifft der Patient im Schlaflabor ein, um mindestens eine Nacht dort zu verbringen. An seinem Körper werden verschiedene Sensoren und Gurte befestigt. Dadurch werden, neben den Daten eines ambulanten Screenings, auch Beinbewegungen, Atemanstrengung, Hirntätigkeit und Augenbewegungen gemessen.
So lässt sich genau ermitteln, ob und in welchen Schlafstadien Apnoen auftreten und ob noch weitere Schlafstörungen vorliegen. Bestätigt der Befund am nächsten Morgen Schlafapnoe, wird in den darauf folgenden Nächten eine Atemwegsüberdrucktherapie auf die Anforderungen des Patienten eingestellt.
Klarheit bekommt man nur im Schlaflabor
Was hilft?
Patienten hören es nicht immer gerne, aber sie können einiges dafür tun, das Ausmaß einer Schlafapnoe zu vermindern: Abnehmen auf Normalgewicht, kein Alkohol am Abend, das Rauchen aufgeben und Schlaftabletten vermeiden. Allerdings führen solche Maßnahmen nur selten dazu, dass die Atempausen ganz verschwinden.
Vor Operationen, bei denen Fett- und Bindegewebe im Rachenraum entfernt wird, warnen viele Schlafmediziner. Sie helfen nicht bei jedem und werden normalerweise nur durchgeführt, wenn Gaumen- und Rachenraum stark vergrößert sind. Zudem werden oftmals nur die Schlafgeräusche beseitigt, nicht aber die Apnoen.
Eine Aufbissschiene ist ebenfalls keine Alternative. Die Schiene verlagert Kiefer, Zunge und weichen Gaumen leicht nach vorne. Dadurch soll der Atemweg offen gehalten werden. Allerdings lässt sich damit lediglich die Anzahl der Apnoen verringern. Die wirksamste Behandlungsmethode ist derzeit die CPAP-Therapie (Continous Positive Airway Pressure-Therapy).
Atmen mit Druck
Bei der CPAP-Therapie wird durch eine Atemmaske Druckluft in die Atemwege geblasen. Das Prinzip ist vergleichbar mit einem platt gedrückten Feuerwehrschlauch, den erst Wasserdruck wieder zu öffnen vermag. Bei der CPAP-Therapie ist es die Druckluft, die die Atemwege offen hält.
Seit mehr als 20 Jahren haben Schlafmediziner mit dieser Behandlungsmethode in Deutschland sehr gute Erfahrungen gesammelt. Die Patienten fühlen sich schon nach kurzer Zeit deutlich besser – sofern sie jede Nacht die Atemmaske anlegen.
Denn darin liegt das Problem: Einige Patienten akzeptieren diese Behandlung nicht. Sie befürchten, mit der Maske für den Partner nicht mehr attraktiv zu sein oder bekommen klaustrophobische Angstzustände.
Zudem bemängeln viele den Tragekomfort. Da die Druckluft nicht aus der Maske entweichen soll, wird sie mit Gurten ans Gesicht geschnallt. Druckstellen bis hin zu Hautveränderungen können entstehen.
Zudem lässt sich, trotz individuell angepasster Atemmaske, nicht immer verhindern, dass die Druckluft entweicht. Häufiges Aufwachen und chronische Augenentzündungen aufgrund des ständigen Luftzugs können die Folge sein.
Die Überdruckatemmaske ist unbequem
Hoffnung am Horizont?
TNI (Transnasale Insufflation) heißt das Zauberwort, auf das viele Apnoiker ihre Hoffnung richten. Diese Methode wurde von Prof. Dr. Hartmut Schneider an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, USA, entwickelt. Das Gerät arbeitet ähnlich wie das CPAP: Warme feuchte Luft wird mit leichtem Überdruck in die Atemwege geblasen.
Das Revolutionäre: Während CPAP ein geschlossenes System mit dicht anliegender Maske benötigt, ist TNI ein offenes System. Die Luft gelangt durch eine kleine Nasenbrille in die Atemwege. Dadurch ist der Tragekomfort enorm verbessert.
Doch Vorsicht: Durch das offene System kann, im Gegensatz zum CPAP, nur mit leichtem Überdruck gearbeitet werden. Es eignet sich deshalb vor allem für Schnarcher und Heavy Snorer (Patienten, bei denen die Atmung eingeschränkt, aber nicht blockiert ist) und Patienten mit leichter Schlafapnoe. Schwere Schlafapnoe bedarf in der Regel eines höheren Luftdrucks.
Erste Studien aus Baltimore zeigten allerdings, dass ein kleinerer Teil der Patienten mit schwerer Schlafapnoe trotzdem mit TNI ausreichend therapiert ist. In Deutschland haben die TNI-Geräte inzwischen Produktreife erlangt und können zur Therapie eingesetzt werden.
(Erstveröffentlichung: 2005. Letzte Aktualisierung: 05.01.2021)
Quelle: WDR