Wohnen

Wohnen und Gesundheit

Etwa 20 Stunden am Tag verbringen wir im Schnitt in geschlossenen Räumen. Deshalb ist es entscheidend, dass unsere Wohnumgebung nicht auf Dauer unserer Gesundheit schadet.

Von Ulrich Neumann

Wenn das Zuhause krank macht

Nicht nur die Chemie beeinträchtigt unsere Gesundheit. Auch das Raumklima kann über die Schleimhäute unsere Gesundheit beeinflussen. Und nicht zuletzt können auch Schädlinge und Mikroben zur Belastung werden. Schimmelpilze in der Wohnung lösen nicht nur bei gesundheitlich vorbelasteten Menschen heftige allergische Reaktionen aus.

Wenn die Raumluft krank macht, dann sprechen Mediziner oft von einem speziellen Krankheitsbild, der "Multiplen Chemikalien-Sensibilität" (MCS).

Menschen mit solcher Veranlagung reagieren empfindlich auf Ausdünstungen wie Weichmacher oder Lösungsmittel, die in zahlreichen Baustoffen enthalten sind. Ihr Immunsystem reagiert auf Schadstoffe in der Luft. Starke Kopfschmerzen, Hautausschlag, Husten, Bauchschmerzen, Übelkeit, Asthma oder Schwindel sind typische Symptome.

Eine medizinische Behandlung allein hilft dann häufig nicht weiter, denn ausgelöst werden die Beschwerden ja durch weiterhin ausgasende Weichmacher und Lösungsmittel.

In solchen Fällen ist der Rat eines Baubiologen gefragt, der zusammen mit einem Architekten beim Neubau oder der Altbausanierung auf die Verwendung schadstofffreier Baustoffe achtet.

Wer unter einem MCS-Syndrom leidet, für den kann das Wohnen zur kostspieligen Angelegenheit werden. Unbedenkliche Baustoffe – also unbehandelte Hölzer, Dämmmaterial aus Schafwolle oder ähnliches, sowie Belüftungsanlagen, die für eine weitgehend pollen- und feinstaubfreie Innenraumluft sorgen – sind zwar auf dem Markt, gehören aber nicht zur Standardausstattung eines Neubaus.

Frau hält die Hand an die Stirn

Schadstoffe können starke Kopfschmerzen verursachen

Vierbeiner erschnüffeln den Schimmel

Doch die sorgfältige Auswahl schadstofffreier Baustoffe garantiert noch nicht automatisch ein gesundes Raumklima. Mindestens ebenso wichtig ist es, für eine optimale Belüftung zu sorgen. Vor allem gilt es, die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung durch regelmäßiges Lüften zu regulieren. Geschieht das nicht, können sich an Decken und Wänden besonders hartnäckige Krankmacher ausbreiten, nämlich Schimmelpilze.

Der Schimmel ist ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt. Seine winzigen Sporen kommen überall vor. Im feuchten Milieu bilden sich schnell umfangreiche Schimmelpilzkulturen, die nicht immer auf Anhieb zu erkennen sind. Für den hinter Tapeten und Verkleidungen verborgenen Schimmel erweist sich die feine Nase von Spürhunden manchmal als sehr nützlich.

Speziell dressierte Hunde können Schimmel erschnüffeln und auf betroffene Bereiche hinweisen. Damit lassen sich allerdings keine Aussagen über das Ausmaß der Schimmelpilzbelastung treffen. Dazu bedarf es dann weiterer Untersuchungen, am besten durch entsprechend zertifizierte Prüflabore.

Schimmel muss auf jeden Fall beseitigt werden, damit keine langfristigen gesundheitlichen Schäden wie zum Beispiel Allergien entstehen.

Schimmelbefall in der Wohnung

Schimmel kann sowohl offen als auch versteckt auftreten

Natürliches Wohnen mit Lehm

Lehm ist ein uralter, bewährter Baustoff, der gewissermaßen als Naturprodukt für ein gesundes, schimmelfreies Raumklima sorgt. Schon seit vielen tausend Jahren wird Lehm in heiß-trockenen und auch in gemäßigten Klimazonen wegen seiner feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften geschätzt und verwendet.

Aufgrund seiner porösen Struktur ist der Lehmputz in der Lage, Luftfeuchtigkeit aufzunehmen und zu speichern. Sinkt die Luftfeuchtigkeit im Innern unter 50 Prozent, wird die gespeicherte Feuchtigkeit wieder abgegeben. Zugleich filtert Lehmputz auf diese Weise auch die Raumluft und bindet Schadstoffe.

Berliner Wissenschaftler versuchen, diese besonderen Eigenschaften des Lehms in neuen Lehmbaustoffen zu nutzen. Sie mischen Mineralien bei und erhöhen damit nicht nur die feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften, sondern auch Festigkeit und Bindekraft. Dabei soll es auch darum gehen, die an sich schon guten Wärmedämmeigenschaften des Lehms noch weiter zu verbessern.

Mann verstreicht Lehmputz auf Hauswand

Lehmputz schafft ein angenehmes Raumklima

Das Haus im Glashaus

Ein angenehm temperiertes Wohnraumklima lässt sich auf natürlichem Wege nicht nur im Lehmhaus erreichen. Auch Pflanzen können dazu beitragen, die Luftfeuchtigkeit zu regulieren.

Diese Idee veranlasste eine niedersächsische Familie, sich Wohnräume unter einer Glaskuppel gestalten zu lassen. Sozusagen ein Haus in einem Gewächshaus, das Ähnlichkeit mit einem großen Wintergarten besitzt.

Die Vorteile: Ganzjährig natürliches Sonnenlicht, angenehme Wohntemperaturen und vorteilhaftes Raumklima dank umfangreichem Pflanzenbesatz. Selbst an Wintertagen lässt sich mit diesem Konzept die wärmende Kraft der Sonne nutzen.

In dem mediterran anmutenden, die Wohnräume einrahmenden Garten können Orangen, Feigen und Oliven wachsen. Ein Wohlfühlklima ist damit garantiert.

Die Glaswände ließen sich heute durch Nanobeschichtungen schmutzabweisend gestalten, automatisch gesteuerte Jalousien könnten neben einem ausgeklügelten Belüftungssystem für konstante Innenraumtemperaturen sorgen. Mit Solar- und Fotovoltaikanlagen könnte man auch die Energieversorgung umweltfreundlich gestalten.

Natürlich ist so eine Wohnvision relativ teuer und nicht an jedem Standort für jedermann geeignet – aber vielleicht zumindest eine sympathische Idee für zukunftsorientiertes, gesundes Wohnen.

Stühle und Tische in einem Wintergarten

Der Wintergarten in Schloss Elmau

Lärm macht krank

Was aber nützen ideales Raumklima oder schadstofffreie Baustoffe, wenn ein erhöhter Lärmpegel die Nerven belastet und gesundes Wohnen verhindert?

Denn Lärm macht auf Dauer krank. Das konnten Wissenschaftler des Berliner Robert-Koch-Instituts zusammen mit Akustikforschern in einer Langzeitstudie nachweisen. 20 Jahre lang beobachteten und verglichen sie Gesundheitsdaten von 1700 Freiwilligen, die starkem Innenstadtlärm ausgesetzt waren.

Die Resultate sind alarmierend. Wer regelmäßig bei offenem Fenster schläft und dabei einem Schallpegel von mehr als 55 Dezibel ausgesetzt ist, der entwickelt ein deutlich erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die Geräuschempfindlichkeit ist eine Art Schutzreaktion des Körpers. Geräusche alarmieren den Körper, sie versetzen ihn in einen Hab-Acht-Zustand. Herz und Kreislauf werden mobilisiert. Hält dieser Zustand über mehrere Jahre an, so führt dies zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die kontinuierliche Lärmbelastung macht sich mitunter erst nach Jahren bemerkbar.

Umstritten ist derzeit noch, ob erhöhter Lärmstress nicht nur Schlafstörungen, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursacht, sondern auch zu erhöhten Blutzucker- und Blutfettwerten, chronischer Bronchitis, Asthma, Krebserkrankungen und psychischen Störungen führen kann.

Abhilfe verschaffen in Innenstädten, in der Nähe von Autobahnen oder Flughäfen nur massive Schallschutz-Maßnahmen. Mittlerweile sind diverse Dämm- und Schallschutzabsorber für Hauswände auf dem Markt. Auch über schallisolierende Fenster sollte man je nach Wohnort und Wohnlage nachdenken.

Stark befahrene A40. Direkt daneben Mietshäuser mit kleiner Schallschutzwand

An stark befahrenen Straßen reicht eine einfache Schallschutzwand nicht aus

Quelle: SWR | Stand: 06.01.2020, 15:49 Uhr

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