Diäten – wozu?
Auf den Titelblättern vieler Frauen-Zeitschriften sehen Frauen superschlank und sexy aus. Das führt dazu, dass manche Frauen selbst mit normalem Gewicht sich fälschlicherweise übergewichtig fühlen.
Die Zeitschrift Brigitte hatte deswegen 2010 die Initiative "Ohne Models" gestartet: Für das Heft sollten keine Profi-Mannequins mehr fotografiert werden, sondern nur noch Laien vom Typ Hausfrau, Studentin oder Nachbarin.
Nach fast drei Jahren und mehr als 1000 Laien-Models sind seit 2012 wieder Profi-Models auf dem Cover. Die Laien-Models zu finden sei aufwändiger gewesen und die Mode-Strecken zu produzieren habe wesentlich länger gedauert als bei Profi-Models, hieß es zur Begründung.
Ein weiterer Grund war, dass sich die ursprüngliche Intention auch ins Gegenteil verkehrte: "Wenn die Frau von der Straße auf den Fotos in Brigitte schon so schön aussieht, das macht einem ja Minderwertigkeitskomplexe", zitieren die Chefredakteure die Rückmeldung von Leserinnen. Warum also soll man sich durch eine Diät quälen?
Ohne-Models-Initiative der Frauenzeitschrift "Brigitte"
Ursprünglich stand das Wort Diät für "gesunde, vernünftige Lebensweise". Im engeren Sinne versteht man unter dem Begriff Diät eine spezielle, zielgerichtete Ernährungsform, um einen medizinischen Nutzen zu erzielen: Diabetiker ernähren sich ohne Zucker, Herzinfarkt-Patienten essen fettarm und Menschen mit Magen-Darm-Beschwerden erhalten Schonkost.
Mittlerweile ist mit Diät jedoch fast nur noch Gewichtsreduktion gemeint. Doch nicht immer sind es Fettleibige, die sich dieser Prozedur aus gesundheitlichen Gründen unterziehen. Auch viele Normalgewichtige versuchen, abzuspecken – vornehmlich aus ästhetischen Gründen.
Beginn der Diät-Welle
Zwischen 1900 und 1920 erschienen die ersten Gewichtstabellen. Konfektionsgrößen wurden eingeführt. Die ersten Schönheitsexpertinnen erteilten kosmetische Tipps.
Parallel dazu entwickelte sich die Diätindustrie: Gewichtskontrolle wurde groß geschrieben und von Hollywood-Schönheiten propagiert. Mitte der 1970er-Jahre hatte nahezu jede US-Amerikanerin bereits eine Diät ausprobiert. Ein pauschal errechnetes Idealgewicht wurde zur Messlatte eines gesunden und attraktiven Körpers.
Body-Mass-Index
Der französische Chirurg Paul Broca erstellte erstmals eine Formel für die Berechnung des individuellen Normalgewichts. Bei der sogenannten Broca-Formel errechnet sich das Normalgewicht aus der Körpergröße in Zentimetern minus 100. Eine Frau mit einer Körpergröße von 170 Zentimetern hat demnach ein Normalgewicht von 70 kg.
Das Idealgewicht wird ermittelt, indem bei Frauen 15 Prozent und bei Männern zehn Prozent vom Normalgewicht abgezogen werden. Allerdings ist die Broca-Formel lediglich eine grobe Schätzung.
Der französische Chirurg Paul Broca
Eine bessere Berechnungsgrundlage für das Körpergewicht ist der so genannte Body-Mass-Index (BMI). Er beschreibt das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße und errechnet sich nach folgender Formel:
BMI = Gewicht : (Körpergröße [m] x Körpergröße [m])
Ein Beispiel: Eine Frau mit einem Gewicht von 65 Kilogramm und einer Körpergröße von 175 Zentimetern hat demnach einen BMI von 65/(1,75 x 1,75) = 21,22.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist ein BMI zwischen 20 und 25 für Männer und ein BMI zwischen 19 und 24 für Frauen erstrebenswert: Das entspricht dem Normalgewicht. Ab einem BMI von 30 gilt man als fettleibig (starkes Übergewicht = Adipositas), ab einem BMI von 40 als extrem adipös.
Selbst wer dem BMI-Wert zufolge übergewichtig ist, muss nicht unbedingt abnehmen: "Bedeutsam ist vor allem die Menge Ihres Körperfetts und wie sich dieses Fett verteilt. Muskeln sind zum Beispiel recht schwer. Wenn Sie also zugenommen haben, weil Sie Muskelmasse aufgebaut haben, ist dieses Gewicht überhaupt nicht problematisch", empfiehlt das Informationsportal des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Traummaße sind nur auf dem Laufsteg die Regel
Extremdiäten
Um ihre Wunschfigur zu erreichen, lassen sich Frauen – und auch immer häufiger Männer – auf Schlankheitskuren ein. Ob nun "Hollywood-Diät", "Magic-Soup" oder Blutgruppendiäten: All diese Methoden versprechen Diätwilligen den lang ersehnten, dauerhaften Gewichtsverlust.
Wissenschaftliche Studien haben jedoch gezeigt: Das Abmagern durch einseitige oder extrem reduzierte Ernährung begünstigt gefährliche Mangelerscheinungen. Außerdem hat sich keine Methode als nachhaltig erfolgreich erwiesen.
Kurzfristige Extremdiäten führen zu keiner dauerhaften Umstellung der Ernährung. Meist verliert der Körper nur Wasser, die Fettdepots werden erst nach längerem Fasten reduziert. Nicht zuletzt braucht der Körper nach einer Abmagerungskur weniger Energie als vorher – es kann zum Jojo-Effekt kommen.
Jojo-Effekt
Sobald man nach einer Diät zu seinen alten Essgewohnheiten zurückkehrt, nimmt man erneut zu – meist sogar mehr Gewicht, als man zuvor durch die Diät abgenommen hat. Das liegt daran, dass der Körper während der Abmagerungskur seinen Energieverbrauch drosselt.
Auch nach der Diät ist der Körper noch auf das Hungern eingestellt. Also legt er jede verfügbare Kalorie für den Fall einer neuen Notzeit an. Experten haben herausgefunden, dass dies sogar eine ganze Weile andauert: Noch acht Wochen nach einer Diät verbraucht der Körper weniger Energie als vorher.
Die Entscheidung zwischen Süßem und Gesundem fällt oft schwer
Gefährliche Schlankheitsmittel
Diäten sind mühsam, erfordern viel Willensstärke und Disziplin. Bleibt der Erfolg aus, führt das meist zu Frust. Deswegen fallen viele Diätwillige den Werbeversprechen der Anbieter von Schlankheitsmitteln zum Opfer: "Abnehmen ohne Hungergefühl" oder "Essen Sie sich schlank" verheißen Annoncen für Schlankheitspillen.
Das Prinzip dieser Mittel: Das Hungergefühl wird unterdrückt oder der Stoffwechsel künstlich angeregt. Doch auch der Effekt dieser Mittel ist nur vorübergehend, wenn die Essgewohnheiten sich nicht verändern. Somit sind auch die sogenannten Wundermittel in Pillenform meist wirkungslos. Zudem können sie ohne ärztliche Kontrolle zu Gesundheitsschäden führen.
Der Wirkstoff Sibutramin beispielsweise erhöht die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu bekommen, während der Abspeckerfolg relativ gering ist. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat deswegen 2010 empfohlen, Appetitzügler-Medikamente mit diesem Wirkstoff vom Markt zu nehmen.
Eine weitere Gefahr: Manche in Schlankheitsmitteln enthaltenen Wirkstoffe können süchtig machen. Geholfen wird damit nur dem Hersteller.
Diätpillen zügeln den Appetit
(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 09.12.2020)
Quelle: WDR