Von Indigenen und Mormonen
Der Bundesstaat Nevada liegt im Südwesten der USA, in direkter Nachbarschaft zu Kalifornien. Im Jahr 1848 wurde dieses Gebiet von Mexiko an die Vereinigten Staaten abgetreten. Mit über 285.000 Quadratkilometern ist Nevada gut viermal so groß wie Bayern. Einen großen Teil der Landesfläche besteht aus unfruchtbarer Wüstenlandschaft.
Die Hauptstadt von Nevada ist Carson City, ein Name, den man aus Wildwestfilmen kennt. Im südlichsten Zipfel, in unmittelbarer Nähe des Colorado River, befindet sich Las Vegas. Eine fruchtbare und wasserreiche Gegend, die für eine Ansiedlung wie geschaffen ist.
Diesen geografischen Vorteil nutzten auch schon die Ureinwohner Nordamerikas: Der Stamm der Paiute baute in der Region schon vor einigen hundert Jahren seine Zelte auf.
Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten auch die weißen Siedler dieses Gebiet. Es waren Mormonen, die dort 1855 eine feste Handelsstation errichteten und diese durch ein wehrhaftes Fort sicherten. Sie bauten enge Kontakte zu den Indigenen auf und machten Tauschgeschäfte mit ihnen.
Der einsetzende Goldrausch bereitete diesem Leben allerdings nach nur zwei Jahren ein jähes Ende. Die Jagd nach dem Gold brachte Unruhe, Gewalt und Kriminalität in die Gegend. Die Mormonen wurden vertrieben. Das Fort selbst hat die Zeit allerdings überdauert. Teile davon können heute noch Ecke Washington Avenue/Las Vegas Boulevard besichtigt werden.
Las Vegas entsteht und wächst
Nachdem sich der Goldrausch allmählich gelegt hatte und die Abenteurer abgezogen waren, kamen die Minengesellschaften, die im großen Stil Silber, Kupfer, Quecksilber, Zink, Eisen und Blei abbauten. Die aufkeimende Industrie in den USA musste mit Rohstoffen versorgt werden.
Arbeitersiedlungen entstanden, eine funktionierende Infrastruktur wurde errichtet und für den schnellen Transport der Bodenschätze wurde die Region schließlich auch an das Eisenbahnnetz angeschlossen. 1905 erfolgte die offizielle Gründung der Stadt Las Vegas.
Das spanische "Las Vegas" bedeutet übersetzt "die Auen". Mit diesem wohlklingenden Namen wollte man der Fruchtbarkeit des wasserreichen Landstrichs in dem ansonsten von Wüstenlandschaft bestimmten Land Rechnung tragen. Die junge Stadt wurde zu einer wichtigen Bahnstation und gewann ständig an wirtschaftlicher Bedeutung. Immer mehr Menschen siedelten sich dort an.
Einen weiteren Aufschwung für die Region brachte 1931 der Bau des riesigen Hoover-Staudamms, der immer noch für die Wasser- und Elektrizitätsversorgung der Großregion unentbehrlich ist. Heute zählt Las Vegas rund 650.000 Einwohner(Stand 2021). Es ist die Stadt in den USA mit der schnellsten und höchsten Zuwachsrate an Bevölkerung und Bebauung.
Wirtschaftboom und Glücksspielfieber
Die Minen- und Staudammarbeiter strömten zu Tausenden nach Las Vegas und bevölkerten die aufkeimende Wüsten-Metropole auf allerdings sehr einseitige Weise. Die meisten von ihnen waren ledige junge Männer. Harte entbehrungsreiche Arbeit bestimmte ihren Tag – aber nach der Schicht, in ihren wenigen freien Stunden, suchten sie Ablenkung.
Clevere Geschäftsleute witterten die Chance. Bars, Hotels und Nachtclubs schossen aus dem Boden. Und als schließlich auch das Glücksspiel in Las Vegas legalisiert wurde, machten Spielcasinos die Sammlung an verführerischen Lusttempeln komplett.
Eine Stadt entstand, wie sie untypischer nicht sein konnte. Kein Innenstadtbereich im herkömmlichen Sinn mit Einkaufstraßen und Wohnvierteln, sondern eine Aneinanderreihung von Amüsierbetrieben wurden für das Stadtbild bestimmend.
1932 eröffnete das erste Luxus-Hotel in Las Vegas seine Pforten. Mit dem "Apache" war eine neue Dimension in der Entwicklung von Las Vegas angebrochen. Nicht nur die Arbeiter der niederen Lohngruppen hatte man nun als Kunden im Visier, sondern auch die Reichen und Superreichen wollte man in die sündige Stadt locken. Las Vegas war auf dem Weg, eine Touristenattraktion zu werden.
Einarmige Banditen und Showstars
Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, ließ die boomende Rüstungsindustrie die unwirkliche Stadt Las Vegas weiter wachsen. Die Region bot genügend Raum, genügend Wasser und genügend Energie für neue Fabriken, die sich hier problemlos ansiedeln konnten.
Mit ihnen kamen neue Arbeiter, neue Einwohner, neue Kunden. Die hohen Einnahmen der Amüsierbetriebe lockten aber auch die Mafia an, die an diesem stetig wachsenden Geschäftszweig mitverdienen wollte.
Es brach ein regelrechter Bandenkrieg um die Machtverteilung in Las Vegas aus, der seine Opfer forderte. Ob und wie viel Einfluss kriminelle Strukturen auch heute noch in dem Spielerparadies in Nevada haben, vermag niemand so recht zu sagen.
Auch Bugsy Siegel, der 1946 mit dem legendären "Flamingo" das erste Edel-Kasino der Stadt eröffnete, war ein Mann der Mafia. Schon ein Jahr wurde er später getötet, vermutlich weil er mit seinen Bossen falsch abrechnete.
Die prachtvolle Einweihungsfeier seines Clubs durfte er aber noch miterleben. Frank Sinatra war damals als Stargast mit von der Partie. Er ebnete den Weg auch für andere Showgrößen, wie Sammy Davis Jr. und Dean Martin, die ab Mitte der 1950er-Jahre den Ruf von Las Vegas als Unterhaltungsmekka begründeten. Als "Rat Pack" ging das Trio mit seinen gemeinsamen Auftritten im berühmt-berüchtigten "Sands"-Kasino in die Annalen der Stadt ein.
Legendär wurden auch die Shows von Elvis Presley, dem King of Rock’n’Roll, der dem El Dorado des Glücksspiels mit dem Song "Viva Las Vegas" ein musikalisches Denkmal setzte.
Das sündige Spielerparadies war mit solchen Shows in eine neue Klasse aufgestiegen. Neben den Einarmigen Banditen, den rotierenden Roulettekugeln und den Spielkarten hatte Las Vegas eine neue Attraktion hinzugewonnen – die Showbühne.
Dollarfabrik in der Wüste
Auch Elton John, Madonna und die kanadische Sängerin Celine Dion traten jahrelang in Las Vegas auf. Die Stars werden von den Spielclubs engagiert, um mit ihren Shows Gäste aus dem In- und Ausland anzuziehen.
Um die Gäste buhlt man mit immer extravaganteren Attraktionen. Die verschiedenen Themenhotels warten mit aufwändig in Szene gesetzten Seeräuber-Schlachten auf, locken mit einer kitschig nachgebauten Kulisse von Venedig, einer Zeitreise in die Welt des antiken Roms, mit Attrappen von Eiffelturm und Triumphbogen in Originalgröße. Die Phantasie der Fassadenbauer in dieser künstlichen Glitzerwelt scheint grenzenlos.
Bei allem Aufwand sind die Übernachtungspreise erstaunlich niedrig kalkuliert. Günstige Angebote sollen die Touristen bei Spiellaune halten, denn in der Hauptsache geht es den Betreibern um die Einnahmen aus den Glücksspielen.
Mehrere Milliarden Dollar Gewinn erwirtschaften die Kasinos von Las Vegas pro Jahr. Der größte Anteil davon stammt aus den Spielautomaten. Steve Wynn, einer der Hotelkönige der Stadt, sagte einmal: "Die einzige Chance, mit Glücksspiel Geld zu verdienen, besteht darin, ein Kasino zu besitzen".
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 17.06.2020)