Tomaten und Tomatenstücke liegen auf einem Küchenbrett.

Tomaten

Alleskönner Tomate?

Nach ihrer Ankunft in Europa wurde die Tomate zunächst für giftig gehalten und nicht von Menschen verzehrt. Heutzutage sagt man ihr nahezu wundersame Kräfte nach: Sie solle Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen.

Von Amanda Mock

Die Inhaltsstoffe: Vitamine, Mineralstoffe und Sekundärverbindungen

In großen wissenschaftlichen Studien wird nun untersucht, was wirklich dran ist an der Heilkraft der Tomateninhaltsstoffe. Prinzipiell sind Tomaten natürlich gesund, da ist man sich einig. Sie enthalten eine Vielzahl förderlicher Inhaltsstoffe, die sich kaum alle aufzählen lassen.

In erster Linie, zu etwa 95 Prozent, besteht eine Tomate allerdings aus Wasser. Das hat den günstigen Nebeneffekt, dass sie mit 75 Kilojoule (kJ) pro 100 Gramm eine sehr kalorienarme Leckerei ist.

In der Tomate stecken aber auch zahlreiche Vitamine: A, B1, C, E und Niacin. Außerdem enthält sie wichtige Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium, Calcium und Spurenelemente.

Zusätzlich hat sie sekundäre Pflanzenstoffe zu bieten. Diese Substanzen werden als sekundär bezeichnet, weil sie in den Pflanzen speziell für ihre Bedürfnisse hergestellt werden.

So zum Beispiel als Abwehrstoffe gegen Fraßfeinde oder auch als Sonnenschutzmittel für die Tomaten. Bei der Tomate gehören unter anderem auch die Farb- und Aromastoffe zu diesen Sekundärverbindungen.

Tomaten bekommen keinen Sonnenbrand

Der rote Farbstoff der Tomate, ein Carotinoid, heißt Lycopin. Wie die meisten Carotinoide ist Lycopin ein sogenannter Radikalfänger (Antioxidans), das heißt, es kann bestimmte reaktionsfreudige Moleküle aus dem Tomatenstoffwechsel unschädlich machen. In der Tomate schützt Lycopin das Erbgut vor der schädlichen ultravioletten Strahlung der Sonne.

Auch im menschlichen Körper soll das Lycopin durch seine antioxidative Wirkung Schutzfunktionen erfüllen können. Es soll beispielsweise die Entstehung bestimmter Krebsarten (unter anderem Prostatakrebs) hemmen und gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugend helfen.

Der menschliche Körper kann Lycopin am besten aus verarbeiteten Tomatenprodukten wie Tomatensaft oder -mark aufnehmen. Durch die mechanische Zerstörung der Zellwände ist der Farbstoff so besser verfügbar.

Ein Glas Tomatensaft.

Tomatensaft enthält viel Lycopin

Die Wirkung von Lycopin ist noch nicht eindeutig bewiesen

In einer Studie der Universität Witten-Herdecke wurde bei Probanden, die erhöhte Mengen von Tomatenmark zu sich nahmen, sogar eine geringere Empfindlichkeit gegen Sonnenbrand festgestellt. Findige Kosmetikhersteller haben bereits die ersten lycopinhaltigen Cremes auf den Markt gebracht. "Tomaten gegen Falten" hört sich zwar gut an, ist aber wissenschaftlich noch nicht endgültig erwiesen.

Auch frühere Forschungsarbeiten, die angeblich die vorbeugende Wirkung von Lycopin gegen Prostatakrebs belegen sollten, konnten in einer groß angelegten Studie amerikanischer Forscher nicht bestätigt werden.

Die Effekte von Lycopin auf das menschliche Herz-Kreislauf-System werden momentan von Forscherteams aus ganz Europa auf den Prüfstand gestellt. Ziel ist es, eine fundierte Aussage über die tatsächliche Wirkung der Tomateninhaltsstoffe treffen zu können.

Im Zweifelsfall: Tomaten statt Tabletten

Wo die Interessen von Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie ins Spiel kommen, geht es um sehr viel Geld. Plakative Aussagen wie "Lycopin gegen Falten" oder "Tomatensuppe gegen Krebs" klingen verführerisch, sind aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig bewiesen.

Was bei der Herstellung von Lycopintabletten und Anti-Falten-Cremes oft vergessen wird: In der Tomate ist eine Vielzahl unterschiedlicher Substanzen enthalten.

Und vermutlich ist es gerade deren Zusammenspiel, das die Tomate zu so einer gesunden Frucht macht. Denn dass die Tomate gesund ist, darüber ist man sich einig. Nur die Reduzierung auf einzelne Inhaltsstoffe wird von vielen kritisch gesehen.

Wer vor die Wahl zwischen einem köstlichen Tomaten-Mozzarella-Salat und einer Lycopintablette gestellt wird, sollte also einfach auf sein Bauchgefühl hören.

Quelle: SWR | Stand: 16.04.2021, 15:00 Uhr

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